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So scheint es fast; denn wie hätten sie sonst so gänzlich davon geschwiegen, und ihren Beifall bloß der überraschenden Neuheit der Gegenstände geschenkt?“ Ich war anfänglich, wie ich sie so aufspringen und in lauten Beifall ausbrechen sah, eitel genug, zu glauben, daß zwar auch diese Neuheit Antheil an einem solchen Eindruck gehabt habe, indem Homer sehr Recht hat, wenn er sagt:

Denn es ehrt den Gesang das lauteste Lob der Menschen,
Welcher den Hörenden rings der neueste immer ertönet.[1]

Allein daß diese Wirkung so weit gehen würde, daß man das ganze Verdienst meiner Schriften bloß in ihre Neuheit setzte, ließ ich mir nimmer einfallen, weil ich mir einbildete, das Neue des Inhalts werde bloß als eine Zugabe den Reiz der Composition vermehrt, und dadurch den Beifall erhöht haben; der wirkliche Gegenstand der Lobeserhebungen meiner Zuhörer hingegen wären jene so eben nahmhaft gemachten Vorzüge. Diese Einbildung machte mich stolz, und ich war nahe daran, mich überreden zu lassen, in ganz Griechenland gebe es nicht meines Gleichen. Allein es ergieng mir, wie man im Sprichwort sagt: mein Schatz wurde mir zu Kohlen; und ich sehe, daß der Beifall, mit welchem man mich beehrte, fast um nichts besser als derjenige ist, der einem geschickten Taschenspieler zu Theil wird.

3. Laßt mich euch jetzt eine Geschichte von einem Maler erzählen. Zeuxis, der erste Meister seiner Kunst, pflegte sich mit den alltäglichen Gegenständen der Malerei, als da sind


  1. Odyss. I, 351 f. Voß.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0605.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)