Seite:Lucians Werke 0737.jpg

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selbst: sie wich immer vor uns zurück, und je näher wir ihr kamen, desto weiter schien sie sich zu entfernen. Endlich gelang es uns doch, sie zu erreichen, und in einen Hafen, Hypnos (Schlaf) genannt, einzulaufen. Es war schon später, sinkender Abend, als wir in der Nähe der elfenbeinernen Pforte, wo der Tempel Alectryon’s (des Haushahns) steht, an’s Land stiegen. Wir giengen zum Thore hinein, und sahen nun Träume in Menge und von allen Gattungen herumwandeln. Jedoch vorerst muß ich etwas von der Stadt selbst sagen, da sie bis jetzt noch von Niemanden beschrieben worden ist: denn der einzige Homer, der ihrer Erwähnung thut,[1] hat nicht mit der gehörigen Genauigkeit von ihr geredet.

33. Diese Stadt ist von einem dichten Walde von hohen Mohn- und Alraun-Bäumen rings umgeben, auf welchen eine Unzahl Fledermäuse nistet: denn andere Vögel hat die ganze Insel nicht. Nahe vorbei fließt ein Fluß, Nyctiporus (Nachtwandler) genannt, und vor den Thoren befinden sich zwei Brunnen, von welchen der eine Negretos (die Quelle des unerwecklichen –) und der andere Pannychia (des durchnächtigen Schlafes) heißt. Die Ringmauer der Stadt ist hoch und vielfarbig wie ein Regenbogen: Thore sind an derselben nicht zwei, wie Homer sagt, sondern vier; zwei derselben, ein eisernes und ein thönernes, sehen gegen das Gefilde der Blakia (der Gliederschwere), und aus diesen beiden wandeln, wie es hieß, alle fürchterlichen, blutigen und grausamen Träume. Die beiden andern führen an den


  1. Odyss. XIX, 560 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 737. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0737.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)