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allen übrigen reichte er blos die Hand zum Küssen hin. Jene hießen daher die Freunde innerhalb des Kusses.

42. So benahm er sich unter jenem dummen Volke mit dem frechsten Uebermuth: er verführte die Eheweiber und mißbrauchte die Knaben, und jeder Ehemann hielt es für ein großes und beneidenswerthes Glück, wenn er seine Frau nur ansah; wenn er sie aber vollends eines Kusses würdigte, da glaubte der Mann, daß nun der Segen in vollen Strömen über sein Haus kommen werde. Viele Weiber rühmten sich sogar, Kinder von ihm zu haben, und ihre Männer bezeugten, daß sie die Wahrheit sprächen.

43. Ich will dir nun ein Gespräch zwischen diesem Glycon und einem gewissen Manne aus Tius [einer Stadt in Bithynien], Namens Sacerdos, mittheilen. Welches Geistes Kind der Letztere war, wirst du aus seinen Fragen entnehmen. Ich habe dieses Gespräch zu Tius im Hause des Sacerdos selbst gelesen, wo es mit goldenen Buchstaben angeschrieben steht.

Sacerdos. Sage mir, mein Gebieter Glycon, Wer bist du?

Glycon. Ich bin Aesculap der Jüngere.

Sacerdos. Also ein Anderer denn der Aeltere?[1] Oder wie habe ich es zu verstehen?

Glycon. Solches ziemt dir nicht, zu vernehmen.

Sacerdos. Wie viele Jahre wirst du noch bei uns bleiben und weissagen?


  1. So nach Solanus, dem auch Fritzsche folgt, während die Worte ἄλλος – πρότερον gewöhnlich dem Glycon in den Mund gelegt werden.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 848. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0848.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)