Seite:Lucians Werke 0914.jpg

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Pamphilus. Das finde ich so uneben nicht, Lycinus: sie hatten Recht, sich bei diesem Punkte hauptsächlich aufzuhalten. Wäre ich Richter, ich würde hierauf gleichfalls am meisten sehen, indem ich der Ueberzeugung bin, daß ein tugendhafter Wandel einen nähern Anspruch auf den Sieg gibt, als bloße Fertigkeit im Räsonniren.

6. Lycinus. Sehr wohl gesprochen: ich stimme dir hierin ganz bei. Wie sie sich aber in Vorwürfen und Verläumdungen gegen einander erschöpft hatten, sagte endlich noch Diocles: es sey nicht einmal zu verantworten, daß Bagóas mit der Philosophie sich abgebe und Anspruch auf ihre Würden mache, da er ja ein Verschnittener sey; solche Geschöpfe müßten nicht blos von so ehrwürdigen Studien, sondern sogar von der Teilnahme an Opferfeierlichkeiten und Reinigungen, wie überhaupt von allen öffentlichen Versammlungen und Gesellschaften ausgeschlossen seyn; man müsse es ja für ein fatales Zeichen halten, wenn Einem, der Morgens früh aus dem Hause gehe, so ein Ding über den Weg laufe. Und in diesem Tone ging’s noch lange fort am Ende behauptete er sogar, eine solche ominöse Mißgeburt, die weder Mann, noch Weib, sondern aus beiden zusammengesetzt sey, könne man nicht einmal für einen Menschen gelten lassen.

Pamphilus. Nun, Das heiße ich doch eine neue Manier, seinen Gegner zu verklagen. Wirklich, mein Freund, das ist ein lustiger Handel. – Und der Andere? Schwieg er still dazu? Oder hatte er das Herz, Etwas darauf zu erwiedern?

7. Lycinus. Anfänglich schwieg er freilich eine gute Weile; wie denn feige Zwitternaturen leicht einzuschüchtern

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 914. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0914.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)