Seite:Lucians Werke 1231.jpg

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Meinen Augen entnimmst die Finsterniß, welche sie decket.[1]

Denn bis jetzt bin ich, wie mir scheint, so viel als blind.“ – „Du bedarfst meiner Hülfe dazu gar nicht,“ versetzte Empedocles: „denn du hast das augenschärfende Mittel selbst von der Erde mit heraufgebracht.“ – „Welches? ich wüßte nicht.“ – „Hast du denn nicht einen Adlerflügel an deiner rechten Schulter befestigt?“ – „O ja; aber Was geht dieser Flügel meine Augen an?“ – „Du weißt, daß der Adler das scharfsichtigste unter allen Geschöpfen, und allein im Stande ist, anhaltend in die Sonne zu sehen, und daß es für ein Zeichen eines ächten und zum Könige der Vögel geborenen Adlers gilt, wenn er, ohne zu nicken, in die Sonnenstrahlen blicken kann?“ – „Man sagt es, und schon fange ich an, es zu bereuen, daß ich nicht, ehe ich meine Reise antrat, zwei Adleraugen statt der meinigen einsetzte, um nicht so halbfertig, und so gar nicht königlich ausgerüstet, wie ich jetzt bin, jenen ausgeschossenen Adlerbastarden zu gleichen.“ – „Es steht ganz in deiner Macht, auf der Stelle eines deiner Augen in ein königliches Adlerauge zu verwandeln. Wenn du nur ein Wenig aufstehen, und, indem du den Geierflügel an dich hältst, den andern in Bewegung setzen willst, so wirst du auf derselben Seite, am rechten Auge nämlich, scharfsichtig werden, während es auf keine Weise möglich ist, dem andern Auge, welches der schlechtern Seite angehört, seine Stumpfheit zu benehmen.“ – „Ich bin zufrieden, wenn nur das rechte Auge so scharf sieht, wie ein Adler. Habe ich doch schon oft gesehen, wie den Zimmerleuten,


  1. Nach Il. V, 127.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 1231. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1231.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)