Seite:Lucians Werke 1233.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Privatleute. So sah ich zum Beispiel, wie der Epicureische Philosoph Hermodorus um tausend Drachmen einen falschen Eid schwur, wie der Stoiker Agathocles mit Einem seiner Schüler wegen des Lehrgeldes processirte, der Rhetoriker Clinias eine goldene Schale aus dem Tempel des Aesculap stahl, und der Cyniker Herophilus die Nacht in der Spelunke einer Metze zubrachte; der vielen Andern nicht zu erwähnen, die in die Häuser einbrachen, vor Gerichte sich zankten, Gelder auf Wucher borgten, ihre Schuldner quälten u. s. w. Kurz, es war dir ein Schauspiel, voll der mannichfaltigsten Abwechslung.

Freund. Es sollte mich freuen, Menippus, wenn du mir Dasselbe näher beschreiben wolltest, da es dir, wie ich mir vorstelle, kein alltägliches Vergnügen gemacht haben muß.

Menippus. Unmöglich könnte ich dir Alles der Reihe nach hererzählen, mein Lieber, da ich schon genug zu thun hatte, es nur zu sehen. In der Hauptsache erschien mir das Ganze so, wie auf dem Schilde des Achilles, den uns Homer beschreibt.[1] Hier war zu sehen eine Hochzeit und ein Gastmahl, dort ein Gerichtshof und eine Volksversammlung; auf dieser Seite wurde ein Dankopfer dargebracht, auf jener jammerte ein Unglücklicher. Blickte ich nach Getenland, so sah ich die Geten im Kriege begriffen; ging ich von da weiter zu den Scythen, so sah ich sie unstät auf ihren Wagen hausen; wendete ich mein Auge nach Süden, so pflügte der Aegyptier, handelte der Phönicier, plünderte der Cilicier Schiffe, empfing der Spartaner Geißelhiebe und processirte der Athener.


  1. Il. XVIII, 490 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 1233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1233.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)