Seite:Lucians Werke 1456.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

getrauen, einen offenbaren Feind zu verläumden, weil eine gehässige Aussage, deren Ursache zu Tage läge, schwerlich Glauben fände; sondern am liebsten verläumden die Leute Solche, die man für ihre Freunde hält, indem sie dadurch den hohen Grad ihrer Anhänglichkeit gegen den Dritten zu erkennen geben wollen, als ob sie um seines Besten willen auch ihrer Busenfreunde nicht verschonten.

25. Auch fehlt es nicht an Leuten, die, wiewohl sie in der Folge eingesehen haben, daß man ihre Freunde mit Unrecht bei ihnen angeschwärzt hat, gleichwohl aus Schamgefühl über ihre Leichtgläubigkeit es nicht von sich erhalten können, sie an sich kommen zu lassen oder sie auch nur eines Blickes zu würdigen, als hätten sie selbst Unrecht dadurch erlitten, daß sie nichts Unrechtes an ihnen entdeckten.

26. So ist das menschliche Leben voll von dem Unheil, welches leichthin geglaubte und ohne Prüfung angenommene Verläumdungen stiften. Antîa bei Homer [Il. VI, 164.] sagt:[1]

Tod dir, oder, o Prötus, erschlage du Bellerophontes,
Welcher frech zu Liebe mir nahete, wider mein Wollen;

da doch sie es gewesen war, welche den Jüngling zum Bösen versuchte, aber von ihm abgewiesen wurde. Und wie wenig fehlte, so wäre der Schuldlose im Kampfe mit der Chimära umgekommen, und, zum Lohne für seine Sittsamkeit und seine Achtung vor den Rechten des Gastfreundes,


  1. Man s. zum näheren Verständniß dieser Stelle den Mythus des Bellerophon bei Apollodor II, 2. 1. (Bd. 1. p. 83. dieser Samml.).
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1456.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)