Seite:Lucians Werke 1811.jpg

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sehr ergeben. Ihr esset wie sie, schlafet wie sie, gehet wie sie; oder vielmehr, ihr verschmähet es, zu gehen, sondern wollet getragen seyn, wie Waaarenballen, bald von Menschen, bald von Maulthieren, während mich meine eigenen Füße tragen, wohin ich will. Ich bin stark genug, Kälte und Hitze zu ertragen, ohne über die göttliche Einrichtung zu murren, als ob ich unglücklich wäre. Ihr aber seyd vor lauter Glückseligkeit mit Nichts zufrieden, tadelt Alles, lasset euch nie gefallen, was da ist, sondern sehnet euch nach Dem, was ihr nicht habt. Im Winter wünschet ihr den Sommer herbei, im Sommer den Winter, in der Hitze die Kälte und umgekehrt: kurz ihr fühlet ganz das Mißbehagen des Kranken; und wie man Diesem, eben weil er krank ist, Nichts recht machen kann, so auch euch, weil ihr Thoren seyd.

18. Und ihr wollet von uns verlangen, daß wir unsere Lebensweise umändern und verbessern sollen, als ob wir unser Thun nicht vernünftig zu überlegen pflegten, während doch ihr es seyd, die in ihren Angelegenheiten kein Nachdenken zeigen, und ohne Urtheil und Gründe, sondern lediglich nach Gewohnheit und Gelüsten handeln. Und so müßt ihr gleich Denen, welche in einem reißenden Flusse treiben, von der Strömung eurer Leidenschaften euch willenlos fortwälzen lassen. Es ergeht euch nicht anders, als jenem Menschen, der auf ein kolleriges Pferd gerathen war, und, da es in reißendem Laufe mit ihm davon rannte, nicht herabspringen konnte. „Wo hinaus?“ rief ihm ein Begegnender zu“. „Wohin Der will,“ war seine Antwort, indem er auf seinen Gaul wies. So müßtet auch ihr auf die

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1811. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1811.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)