Seite:Märchen (Montzheimer) 068.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Wie gut von dir, lieber Rabe,“ lobte Albrecht den Schwarzgesellen. „Bitte, erzähle mir, was du weißt und wie es kommt, daß die schöne Marinka wieder dem Zauber verfallen konnte, nachdem er so plötzlich von ihr gewichen war?“

Der schwarze Erzähler steckte einen Augenblick den Kopf in die Federn, als ob er nachdenke, dann erfolgte die Antwort:

„‚Einen Tag im Monat sei
Sie des Zaubers ledig, frei!‘
Hab’s gehört, wie Ut’ es rief,
– Tat nur so, als ob ich schlief’, –
Bis mich Hanko unsanft weckte,
Schadenfroh mich Armen neckte.
Gönnt’ auch ihm ein Kräutersüpplein,
Wie er’s gab dem Grafenpüpplein,
Das solch Süpplein hat gegessen;
Doch dies gänzlich mußt’ vergessen,
Daß der Täter straflos wäre –“

„Ist das wahr?“ forschte Albrecht erregt, und der Rabe antwortete wichtig:

„Hab’s erlauscht, ,auf Rabenehre’,
Wie’s geflüstert hat Frau Ut’,
Doch ich Schwarzrock hör’ gar gut!“

Der Vogel machte eine Pause, dann probierte er seine Schwingen, drehte den Kopf nochmals zu Albrecht und krächzte:

„Morgen ha’n wir Vollmondschein,
Geh’ da früh ins Kämmerlein.
Auf dein Lager gleich dich strecke;
Hab’ ich Botschaft, ich dich wecke.“

Fort war der Rabe, ehe Albrecht sich dessen versah. Hätte er auch noch viel fragen mögen, so vertraute er jetzt seinem kleinen Helfer und war überzeugt, daß er durch ihn mit der Zeit alles Wichtige erfahren werde.

Empfohlene Zitierweise:
Elsbeth Montzheimer: Märchen. Leipziger Graphische Werke AG, Leipzig 1927, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%A4rchen_(Montzheimer)_068.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)