Seite:Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien 16.jpg

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Heyden, die da Christen werden wollen. Ich habe auch mit Herrn Plütschau ein Lexicon zu colligiren angefangen, und zwar solcher Gestalt, daß ich erst in Gegenwart unterschiedlicher Malabaren ein jedes Wort in ihrer Sprache recht schreiben lasse, nachmahls gleich darbey setze, mit Lateinischen Buchstaben, wie es soll ausgesprochen werden; und alsdann dessen Bedeutung: E. g. Tampiràn, Deus[1]. Tagàppen, Pater[2], Magèn, Filius[3], Arthal, Mater[4]. Magdyl, Filia[5]. Andawen, Dominus[6], Andætsch, Domina[7]. Bottachàm, Liber[8]. Wattyjàn, Ludimagister. Pyràmpu, Baculus. Athy, Vapulare. Warachù, Lignum[9]. Welecharen, Servus[10]. Atumey, Sclavus[11]. Katty, Culter. Kattù, Aër[12] &c. Die meiste Schwierigkeit bestehet in ihren Gutturalibus, die wir nicht alle in unserer Sprache haben; daher können ihre Wörter mit Lateinischen Buchstaben nicht nach ihrer Pronunciation so gar accurat geschrieben werden. Sie hingegen können in denen Europæischen Sprachen die Literas Labiales nicht recht aussprechen, vielweniger in ihrer Sprache schreiben. Zu wünschen wäre es, das diese Malabarische Sprache in Europa mit eben so grossem Fleiß gelehret und gelernet würde, als etwa einige andere Orientalische Sprachen: sintemal diese Heyden ein sehr grosses Volck sind, denen hiedurch aus ihrer Blindheit, vermöge göttlicher Gnade, wohl könte geholffen werden, wenn die Evangelischen Könige und Potentaten daran arbeiten hülffen, und zu guten Anstalten gnugsame Mittel darreicheten. Man würde auch auff diese Art aus ihren vielfältigen Schrifften die Arcana ihrer Theologie und Philosophie verstehen können, die mit eben so klugen Fabeln und künstlichen Versen angefüllet sind, als man sonstem in denen Griechischen und Lateinischen Heydnischen Scribenten lieset: vielleicht möchte man auch wohl so viel Gutes und Vernunfft-mäßiges darinnen finden, als in dem schon längst ausgegrübelten Aristotele; ob sie gleich ihre Sachen nicht eben mit dergleichen Terminis Logicis, Rhetoricis und Metaphysicis involviret haben, als jener gethan. Ich muß bezeigen, daß mir mein 70 Jähriger Schulmeister offt solche Philosophische Fragen fürleget, daraus ich abnehmen kan, daß in ihren Bücher schon solche Sachen würden angetroffen werden, daran die Gelehrten in Europa ihrer Curiosität[13] ein Genügen thun könten. Ich suche mit Fleiß dahinter zu kommen, und lasse sie mit grossen Unkosten abschreiben: indem wir den Grund ihres Götzen-Dienstes und aller ihrer andern Sachen zu erlernen höchlich vonnöthen haben, damit man sie erstlich von der Falschheit ihres Weges gründlich überzeugen könne, und alsdann nach benommenen Præjudiciis[14] ihnen den rechten Weg zeigen möchte; sintemahlen die Malabaren ein kluges und verständiges Volck sind, und mit grosser Weißheit wollen gewonnen werden. Unser Schulmeister disputiret täglich mit uns, und will von allen Dingen gute Raison haben. Wir gedencken aus ihm einen Christen zu machen, und er hat die Hoffnung, daß wir endlich noch einmahl würden Malabaren werden: daher bemühet er sich, uns alles so gar deutlich zu demonstriren, daß wir es nicht besser wünschen könten; Heute besuchte uns ein vornehmer Morischer Kauffmann, und gab uns zu vielen guten Discoursen Gelegenheit; sonderlich wurde von der Thorheit der Malabarischen Götzen geredet, da er denn gäntzlich auff unserer Seiten war und dem Schulmeister gleichfalls nebst uns demonstrirte, wie


  1. Gott
  2. Vater
  3. Sohn
  4. Mutter
  5. Tochter
  6. Herr
  7. Herrin
  8. Buch
  9. Holz
  10. Diener
  11. Sklave
  12. Luft
  13. Neugier
  14. also nach Beseitigung der Vorurteile
Empfohlene Zitierweise:
Bartholomäus Ziegenbalg, Heinrich Plütscho: Merckwürdige Nachricht aus Ost-Indien. Joh. Christoph Papen, Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin 1708, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Merckw%C3%BCrdige_Nachricht_aus_Ost-Indien_16.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)