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Seite:Meyers b13 s0931.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13

und Fixierung des Gewohnheitsrechts fiel den Juristen zu. Ihre Thätigkeit war, obwohl gegen das Ende dieser Periode einige als Schriftsteller auftraten, nicht wissenschaftlicher, sondern rein praktischer Art. Sie bestand in schriftlicher Abfassung von Rechtsgeschäften, in der Belehrung der Parteien und in deren Unterstützung vor Gericht. Hauptsächlich aber wurde eine neuen Bedürfnissen entsprechende und doch stetige Fortbildung des Rechts durch die Edikte der Prätoren erzielt, welche, an sich nur auf das Amtsjahr des Prätors gültig, insoweit sich ihre Bestimmungen bewährt hatten, von dem Amtsnachfolger wiederholt wurden und so zuletzt eine ausgedehnte, in der Hauptsache unveränderliche Sammlung von Rechtssätzen bildeten. In den Edikten wurden im Gegensatz zu den nationalen (jus Quiritium) die allgemeinen Rechtsideen (naturalis ratio, jus gentium), welche der Ausbreitung des Verkehrs zwischen römischen Bürgern u. Nichtrömern ihre Entstehung verdankten, zur Anerkennung u. formellen Geltung gebracht.

In der dritten Periode, bis auf Konstantin d. Gr., bestehen anfangs die republikanischen Einrichtungen dem Scheine nach fort; daher werden noch Gesetze, Senatsschlüsse und Edikte des Prätors erlassen. Indessen wurde das Edikt unter Hadrian (132 n. Chr.) von dem Prätor Salvius Julianus neu redigiert und damit im wesentlichen abgeschlossen, und die jetzt zahlreichern und bedeutungsvollern Senatsschlüsse waren bald nur die Form, um den Willen des Alleinherrschers zur Geltung zu bringen. Daneben erlangten die Anordnungen des Princeps in ihren verschiedenen Formen (edicta, mandata, decreta, rescripta) Gesetzeskraft und wurden, nachdem auch die Form des Staats monarchisch geworden, die alleinige Quelle der Gesetzgebung. Die bedeutungsvollste Fortbildung erfuhr aber das Recht durch die Juristen. Weniger als heutzutage mit einem schwerfälligen gelehrten Apparat überladen, durch die Sitte, überall ihres Rats sich zu bedienen, in steter praktischer Thätigkeit erhalten und, da das Richteramt noch eine gemeine bürgerliche Pflicht, das Geschäft des eigentlichen Sachwalters aber den Anfängern überlassen war, von mechanischen Arbeiten frei, schufen die römischen Juristen eine Rechtswissenschaft, welche als mustergültig angesehen werden konnte und den eigentlichen Wert des römischen Rechts für die Geschichte begründet hat. Sie haben es gleichmäßig verstanden, die Rechtssätze sowohl bis in die letzten Konsequenzen streng durchzuführen und gleichsam mit ihren „Begriffen zu rechnen“, als auch die kleinsten thatsächlichen Umstände bei der Behandlung eines Rechtsfalles zu berücksichtigen, den Anforderungen des praktischen Lebens gerecht zu werden und ihren Gedanken den schärfsten und passendsten Ausdruck zu geben. Wesentlich verstärkt wurde der Einfluß der Juristen dadurch, daß die ausgezeichnetsten unter ihnen das Recht erhielten, ex auctoritate principis Rechtsgutachten (responsa) zu erteilen, welche, wenn sie übereinstimmten, von dem Richter befolgt werden mußten. Die Schriften der römischen Juristen waren sehr zahlreich und mannigfaltig; erhalten sind davon außer den Exzerpten, welche die Pandekten bilden, besonders die Institutionen des Gajus (s. d.) und Bruchstücke aus den Schriften Ulpians und Paulus’. Die namhaftesten Juristen waren, außer Labeo und Capito, den Stiftern der sogen. Schulen der Proculianer und Sabinianer, Sabinus, Julianus, Gajus, Ämilius Papinianus, Ulpianus, J. Paulus, Modestinus. Vgl. Huschke, Jurisprudentiae antejustinianae quae supersunt (5. Aufl., Leipz. 1886).

In der vierten Periode, bis zu Justinian (550 n. Chr.), ist das Übergewicht Roms und Italiens völlig verschwunden. Mit dem Untergang der römischen Volkstümlichkeit in dem weiten Weltreich erstarb auch die Wissenschaft des Rechts. Man beschränkte sich auf Kompilationen aus den Schriften der frühern Zeit, auf Auswendiglernen der Rechtsregeln in den Rechtsschulen und auf deren gedankenlose Anwendung in den Gerichten. Ohne jede Prüfung folgte man blindlings der Autorität der Juristen der vorigen Periode. Das sogen. Citiergesetz Kaiser Valentinians III. (426) erkennt geradezu den Grundsatz an, die juristischen Schriften wie Gesetze aufzufassen, und verweist den Richter bei abweichenden Ansichten an die Mehrheit der Stimmen. Das Volk ist von jeder Beteiligung an der Bildung des Rechts wie von dessen Anwendung ausgeschlossen. Letztere liegt allein in den Händen der kaiserlichen Beamten, und die kaiserlichen Konstitutionen bilden die einzige Rechtsquelle. Durch Justinian endlich ward das geltende Recht kodifiziert. Nachdem nach dem Vorausgang einiger Privatarbeiten schon Theodosius II. 438 eine offizielle Sammlung der kaiserlichen Konstitutionen veranstaltet hatte (Codex Theodosianus), ließ Justinian 528–534 eine gleiche Sammlung der noch gültigen Konstitutionen (Codex), eine Zusammenstellung von Exzerpten aus den bedeutendsten juristischen Schriften (Digesta, Pandectae) sowie ein kurzes Lehrbuch des Rechts (Institutiones) nach dem Muster desjenigen des Gajus bearbeiten und versah das Ganze mit Gesetzeskraft, indem er zugleich alle in diese Arbeiten nicht aufgenommenen ältern Bestimmungen außer Kraft setzte. Diese drei Arbeiten bilden mit den spätern Gesetzen Justinians (Novellae) das „Corpus juris civilis“, in welcher Gestalt das römische Recht auf die Gegenwart gekommen ist. Das Gesetzeswerk Justinians umfaßt das ganze Rechtsgebiet, das Staats-, Kirchen-, Straf- und Prozeßrecht sowie das Privatrecht. Dasselbe ist jedoch weniger ein Gesetzbuch nach dem Begriff der Neuzeit als eine Sammlung von Materialien für ein solches oder für ein Lehrbuch des Rechts. Aber gerade in seiner eigentümlichen Zusammensetzung liegt sein großer Wert, indem es die rechtswissenschaftlichen Leistungen der römischen Juristen, man darf wohl annehmen, in ihrem bedeutungsvollsten Teil in sich aufgenommen und der Nachwelt erhalten hat und die geschichtliche Entwickelung des Rechts bei einem Volk zu verfolgen erlaubt, welches für dessen Ausbildung in hohem Maß befähigt war. Mit Justinians „Corpus juris“ ist das römische Recht als nationales Recht abgeschlossen; indes fand in Byzanz, abgesehen von einzelnen Konstitutionen späterer Kaiser, unter Basilius Macedo und dessen Sohn Leo VI. eine Umarbeitung dieses Rechtsbuches in griechischer Sprache statt, welche unter dem Namen Basiliken (Imperatoriae Constitutiones) erhalten ist.

In den germanischen Staaten, welche aus den Trümmern des weströmischen Reichs sich erhoben, blieb das römische Recht für die eingebornen Provinzialen fortwährend in Geltung. Wegen der Unmöglichkeit, dasselbe in seinem ganzen Umfang zu beherrschen, veranstalteten die germanischen Fürsten kurze Zusammenstellungen, in welchen einige Bruchstücke kaiserlicher Konstitutionen und juristischer Schriften erhalten sind. Zu diesen Zusammenstellungen gehören das „Edictum Theodorici“ für das ostgotische Reich (um 500), die „Lex Romana Visigothorum“ oder das „Breviarium Alaricianum“ (506) und die „Lex Romana Burgundionum“ (517–524). In Italien publizierte Justinian nach dem Sturz des ostgotischen

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 13. Bibliographisches Institut, Leipzig 1889, Seite 931. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b13_s0931.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2024)