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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

einer gründlichen Umänderung des Wahlgesetzes für die Kammer geneigt. Die von den Radikalen und Sozialisten geforderte Einführung des allgemeinen Stimmrechts hatte allerdings große Bedenken; wohl aber wäre die Neuregelung des Wahlrechts auf Grund einer neu einzuführenden Einkommensteuer möglich gewesen und hätte, ohne die Grundlagen der Verfassung zu verändern, eine beträchtliche Vermehrung der Wähler (jetzt nur 130,000) gestattet. Statt dessen plante die ultramontane Partei die Einführung eines Zensus auch für die Provinz- und Gemeindewahlen, wodurch 60,000 bisher Wahlberechtigte ihres Wahlrechts beraubt werden würden. Nur in der Schulfrage waren Regierung und Kammermehrheit vereint bemüht, den Einfluß des Klerus zu verstärken und durch Beseitigung des Gesetzes über die Mittelschulen vom 15. Juni 1881 auch diese der Geistlichkeit zu überliefern, wie denn die Ultramontanen die Hebung aller Schäden in Staat und Gesellschaft von der völligen und ausschließlichen Herrschaft der römischen Kirche erwarteten. Die Finanzen erhielt die Regierung, durch den niedrigen Zinsfuß, der die Konversion der Anleihen zu geringern Zinsen ermöglichte, begünstigt, in vortrefflichem Stande; das Defizit, das unter den Liberalen immer angewachsen war, verschwand. Sehr schädigte das Ministerium sein Ansehen dadurch, daß es sich mit sozialistischen Agitatoren im geheimen eingelassen hatte und gewissenlose Beamte, wie Nieter, der amtliche Aktenstücke an Pariser Journale verkauft hatte, nicht bestrafte. Obwohl der Ministerpräsident Beernaert nicht leugnen konnte, dem ehemaligen klerikalen Wahlagenten Pourbaix, der in Mons als Lockspitzel verurteilt wurde, eine geheime Audienz erteilt zu haben, und von der Opposition aufs heftigste deshalb angegriffen wurde, lehnte die Kammer Ende 1889 das beantragte Tadelsvotum mit großer Mehrheit ab.

Zur Litteratur: Lemonnier, La Belgique (illustriert, Par. 1887); Lauer, Entwickelung des belgischen Volksschulwesens seit 1842 (Berl. 1885); Brämer, Nationalität und Sprache im Königreich B. (in den „Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde“, Stuttg. 1887); Genauck, Die gewerbliche Erziehung im Königreich B. (Reichenberg 1886 bis 1887, 2 Tle.).

 Bélicz (spr. behlitz, Klein-B.), Bad im ungar. Komitat Neutra, nahe der Bahnstation Zsámbokrét, mit einer erdigen Kalkquelle von 34° C.

 Beliczay (spr. belitzai), Julius von, Komponist, geb. 10. Aug. 1835 zu Komorn in Ungarn, wurde Ingenieur, widmete sich aber dann ausschließlich der Musik, in welcher er den Unterricht Joachim Hoffmanns und Franz Krenns in Wien genoß. B. lebt in Budapest ohne Anstellung nur der Komposition. Er schrieb Kammermusikwerke (Streichquartett G moll), Orchesterwerke (Serenade für Streichorchester, Op. 36), Lieder, Kirchenmusiken (eine Messe) etc.

 Belimarkowitsch, Iovan, serb. General, geb. 1828 zu Belgrad, besuchte das Gymnasium und die Hochschule daselbst, wurde 1849 nach Preußen zur weitern Ausbildung als Ingenieuroffizier geschickt, that 1849 in Stettin beim Pionierbataillon praktischen Dienst und ward nach seiner Rückkehr in die Heimat 1852 Lehrer der Befestigungskunde an der Militärakademie. 1858 erklärte er sich entschieden für die Sache der Dynastie Obrenowitsch, der er seitdem mit unerschütterlicher Treue anhing, ward 1860 Major, leitete die Befestigung Serbiens und bekleidete sodann den Posten eines Chefs des Generalstabs, 1868–1873 den des Kriegsministers. Nach seinem Rücktritt erhob sich gegen ihn die Anklage grober Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung, und nur mit Mühe verhinderte der Fürst eine Untersuchung. 1876 war B. Militärbevollmächtigter in Montenegro, befehligte 1877 als General das Morawakorps gegen die Türken mit Geschick und großer Tapferkeit und erhielt nach dem Krieg das Kommando des Schumadiakorps in Belgrad. Unzufrieden mit der Herrschaft der Fortschrittspartei, nahm er 1880 seinen Abschied, wurde aber als treuer Anhänger der Dynastie und Freund Ristitsch’ 1889 vom König Milan zum Mitglied der Regentschaft für den unmündigen König Alexander ernannt.

Bellac, (1886) 4015 Einw.

Bellarmin, Robert, Jesuit. Seine Selbstbiographie wurde lateinisch und deutsch mit geschichtlichen Erläuterungen herausgegeben von Döllinger und Reusch (Bonn 1887).

Bellême, (1886) 2656 Einw.

Bellermann, 4) Ferdinand, Maler, starb 11. Aug. 1889 in Berlin.

Belleville, Departement Rhône, (1886) 2495 Einw.

Belley, (1886) 5221 Einw.

Bellini, 4) Vincenzo, Komponist. Vgl. Florimo, B., memoire e lettere (Flor. 1885).

Bellinzona, (1888) 3302 Einw.

Bello (spr. belljo), Andres, spanisch-amerikan. Schriftsteller, geb 30. Nov. 1780 in Carácas, besuchte die Universität daselbst, war beim Ausbruch der Revolution (1810) Beamter der spanischen Statthalterei von Venezuela, schloß sich aber den Aufständischen an und ging mit Bolivar und Lopez Mendez nach England, um dessen Unterstützung gegen Spanien, bez. gegen Napoleon I. zu vermitteln. B. selbst blieb in London, heiratete daselbst eine Engländerin und kehrte erst nach 19 Jahren nach Südamerika zurück. In seinem neuen Wohnort, Santiago, der Hauptstadt Chiles, bekleidete er nacheinander verschiedene hohe Ämter, seit 1843 das eines Rektors der Universität, deren Gründung wesentlich sein Verdienst war. Er starb 15. Okt. 1865. Von Bellos zahlreichen Werken, die laut Beschluß des Kongresses von Chile auf Staatskosten herausgegeben wurden (Santiago 1881 bis 1883, 6 Bde., mit Biographie), verdienen besondere Hervorhebung eine spanische Grammatik, die Kommentare der Cid-Romanzen, der Chronik des Turpin sowie des „Orlando“ von Bojardo, ferner die philosophische Abhandlung „Teoria del entendimiento“. Von seinen Gedichten wird als das beste gerühmt: „La agricultura de la zona torrida“. Seine schon 1832 veröffentlichten „Principios de derecho internacional“ wurden auch ins Französische und Deutsche übersetzt. Ein ganz besonderes Verdienst um Chile erwarb sich B. durch die Ausarbeitung eines bürgerlichen Gesetzbuchs (Codigo civil), welches 1855 vom Kongreß angenommen wurde.

Bellows, Henry Whitney, amerikan. Geistlicher, starb 30. Jan. 1882.

 Belovár-Kreutz, im J. 1886 bei der neuen politischen Einteilung Kroatien-Slawoniens aus dem ehemaligen Komitat Belovár und dem südlichen Teil des Komitats Kreutz gebildetes Komitat, umfaßt 4942 qkm (89,7 QM.) mit 166,512 Einw., grenzt an die Komitate Agram, Warasdin, Somogy, Virovititz und Požega. B., dessen Amtssitz die Stadt Belovár ist, und zu dem die Stadt Kreutz und die Festung Ivanić gehören, wird von der Bahnlinie Zákány-Agram durchschnitten.

Belzig, (1885) 2720 Einw.

 Bendall, Cecil, Orientalist, geb. 1. Juli 1856 zu London, studierte in Cambridge, wo er 1879–86

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0116.jpg&oldid=- (Version vom 14.5.2021)