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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

mit starken Lichtwirkungen wiedergab. 1882 begab er sich zu neuen Studien nach Paris, wo er Bilder aus dem antiken Leben in reicher architektonischer Umgebung malte. Alle diese Schöpfungen wurden übertroffen durch ein 1886 vollendetes Gemälde großen Stils: Auferweckung einer Toten durch Christus, in welchem K. eine realistische Schilderung des biblischen Vorganges auf geschichtlich-archäologischer Grundlage gab. Außer mehreren durch geistvolle Auffassung und feine Tonstimmung ausgezeichneten Porträten und einem Bild aus römischer Zeit: Faustina im Tempel der Juno zu Präneste, hat er seitdem noch ein figurenreiches Gemälde aus dem mittelalterlichen Volksleben: der Hexenschlaf (1888), die Hypnotisierung eines auf dem brennenden Scheiterhaufen stehenden Mädchens, geschaffen. Er ist königlicher Professor und besitzt die erste Medaille der Münchener und die kleine goldene Medaille der Berliner Kunstausstellung.

Kempen, Stadt, Regierungsbezirk Posen, ist seit 1887 Kreisstadt.

 Keratīn (Hornstoff), die Substanz des Horngewebes, wird erhalten, wenn man Horngebilde in fein gepulvertem Zustand mit siedendem Wasser, Alkohol, Äther, verdünnten Säuren behandelt. Aus der Schalenhaut des Hühnereies auf solche Weise gewonnenes K. ist ein farb-, geruch- und geschmackloses, fast aschefreies Pulver, unlöslich in heißem Wasser und verdünnten Säuren, aber allmählich in Essigsäure und Ammoniak löslich. Es enthält ca. 50 Proz. Kohlenstoff, 6,5 Proz. Wasserstoff, 16 Proz. Stickstoff, 20,75 Proz. Sauerstoff, 0,75 Proz. Schwefel. Mit Essigsäure oder Ammoniak hergestellte Keratinlösungen benutzt man zum Überziehen von Pillen, welche den Magen unverändert passieren und sich erst im alkalischen Dünndarminhalt lösen sollen. Diese Dünndarmpillen werden bei Medikamenten angewandt, welche, wie Salicylsäure, Quecksilberpräparate, die Magenschleimhaut reizen oder, wie Alaun, Tannin, Wismutnitrat, die Verdauungsthätigkeit des Magens beeinträchtigen oder, wie Silbernitrat, Eisensulfid, Quecksilberjodide, durch den Magensaft zersetzt werden oder endlich, wie Alkalien, Seife, Galle, Wurmmittel, möglichst konzentriert in den Dünndarm gelangen sollen. Man bereitet eine geeignete Keratinlösung, indem man fein geschnittene Federkiele mit Wasser digeriert, dann mit einer Mischung von Alkohol und Äther extrahiert, in Essigsäure löst, die Lösung durch Glaswolle filtriert, zur Sirupskonsistenz verdampft und auf Glastafeln eintrocknen läßt. Die Pillen werden unter Vermeidung vegetabilischer Pulver mit Kaolin, Bolus oder Kohle und einer Fettsubstanz hergestellt, mit Fett und dann mit Keratinlösung überzogen. Je nach der Beschaffenheit des Arzneimittels benutzt man essigsaure oder ammoniakalische Lösung.

 Keren, Hauptort der Bogos am Ostabhang des abessin. Hochlandes, südsüdwestlich von Massaua, 1452 m ü. M., rings umgeben von Olivenhainen, an der Karawanenstraße von Massaua nach Kassala, mit 1800 Einw., war ehemals in den Händen der Ägypter, die hier neben dem Ort ein Fort erbauten, das nach einem zwischen England und Ägypten abgeschlossenen Vertrag geräumt und an Abessinien übergeben, 2. Juni 1889 aber von Italien besetzt wurde, nachdem der Häuptling Kafel, welcher K. im Auftrag der Italiener besetzt, aber verräterischerweise mit Ras Alula sich in Verbindung gesetzt hatte, umzingelt und ohne Schwertstreich zur Übergabe genötigt worden war. K. war früher Hauptsitz der katholischen Missionäre (Lazaristen), aus deren Seminar zahlreiche eingeborne Priester hervorgingen.

Kern, Johann Konrad, schweizer. Staatsmann, starb 14. April 1888 zu Berlingen im Thurgau. Seine Biographie schrieb Kesselring (Frauenf. 1888).

 5) Franz, Schulmann und Philolog, geb. 9. Juli 1830 zu Stettin, studierte in Berlin Philologie, begann seine Lehrerthätigkeit 1851 am Stettiner Gymnasium, wurde 1859 Oberlehrer in Pyritz, 1860 an der Landesschule Pforta, wo er 1866 den Professortitel erhielt, wirkte dann als Gymnasialdirektor seit 1866 in Oldenburg, seit 1869 in Danzig, seit 1871 in Stettin und wurde 1881 als Direktor des Köllnischen Gymnasiums nach Berlin berufen, wo er auch das Seminar für gelehrte Schulen leitet. Von seinen litterar-historischen Schriften sind zu erwähnen: „Joh. Schefflers cherubinischer Wandersmann“ (Leipz. 1866); „Friedrich Rückerts Weisheit des Brahmanen“ (2. Ausg., Oldenb. 1885); „Ludwig Giesebrecht als Dichter, Gelehrter und Schulmann“ (2. Aufl., Stett. 1887); „Drei Charakterbilder aus Goethes Faust“ (Berl. 1885); „Goethes Torquato Tasso“ (das. 1884); „Deutsche Dramen als Schullektüre“, Vortrag (das. 1886). Ferner erschien von ihm außer zahlreichen Beiträgen zu Zeitschriften, Programmaufsätzen über die eleatische Philosophie etc.: „Lehrstoff für den deutschen Unterricht in Prima“ (Berl. 1886), „Schulreden bei der Entlassung von Abiturienten“ (das. 1887) und „Goethes Lyrik ausgewählt und erklärt“ (das. 1889). Auch besorgte er eine neue Ausgabe von Kreyßigs „Vorlesungen über Goethes Faust“. In seiner Schrift „Die deutsche Satzlehre. Eine Untersuchung ihrer Grundlagen“ (Berl. 1883, 2. Aufl. 1888) trat K. mit Reformvorschlägen auf, die lebhafte Verhandlungen in Fachkreisen veranlaßten, und die er in einer Reihe weiterer Schriften verteidigt und weiter ausgeführt hat.

 Keschan (türk. Urusköi), Hauptort eines Kaza im türk. Wilajet Adrianopel, 150 m hoch in dem Hügelland östlich der untern Maritza gelegen, mit 4500 Einw. (Türken und Griechen) und einem griechischen Bischof.

 Kessel-Loo, Gemeinde in der belg. Provinz Brabant, Arrondissement Löwen, im NO. von Löwen, unweit der Dyle, mit (1888) 5588 Einw.

 Kesselreinigungsapparat, s. Kesselstein (Bd. 17).

Kesselstein. Die chemischen Mittel zur Verhütung der Kesselsteinbildung bestehen in Substanzen, welche die im Speisewasser gelösten kesselsteinbildenden Salze (besonders Gips) derartig umwandeln, daß sie sich mit den nur suspendierten Substanzen (Sand, Thon, Infusorien, Kohlenstaub etc.) teils als loser Schlamm oder Pulver ausscheiden, teils auch leicht lösliche Salze bilden, welche noch in so starken Mengen im Wasser gelöst bleiben, daß durch öfteres teilweises Abblasen des Kessels eine Konzentration bis zur Auskristallisierung vermieden werden kann. Wird z. B. gipshaltiges Wasser mit Sodalösung versetzt, so entsteht schlammbildender kohlensaurer Kalk und leicht lösliches schwefelsaures Natron (vgl. Bd. 9, S. 699). Wenn die Schutzmittel gegen den K. dem Speisewasser erst beim Eintritt in den Kessel zugeführt werden, so findet die Schlammbildung im Kessel selbst statt, und der Schlamm muß, um nicht schließlich, vom Dampf mitgerissen, in die Maschine zu kommen, entfernt werden. Dazu sind Kesselreinigungsapparate konstruiert. Der Kesselreinigungsapparat von Dervaux besteht nach beistehender Figur aus einem mit einem Rippenkopf a versehenen Schlammsammler b, welcher über dem Kessel aufgestellt und

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0490.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)