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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

in der Provinz Rio ungefähr 84 geograph. Meilen, der jährliche Ausfall der Ernte beträgt fast 11 Mill. Mk. An andern Stellen ist der Ertrag der Ernte nur noch ein Neuntel des frühern Ertrags. Der parasitische Wurm befindet sich in Nodositäten an Wurzel und Stamm. Die aufgeblähten Weibchen messen 0,47 mm, die aus den Eiern schlüpfenden Tierchen 0,3 mm. Bis jetzt ist gegen den die ernstliche Gefahr der brasilischen Kaffeekultur bedingenden Schädling noch kein wirksames Mittel gefunden.

Die mancherlei wichtigen Pflanzenkrankheiten, die bisher verschiedenen Fadenwürmern zugeschrieben wurden, sind nach den neuesten Untersuchungen in der Mehrzahl alle auf die Anwesenheit von Tylenchus devastator zurückzuführen, der unter verschiedenen Namen beschrieben wurde. Er erzeugt die Kernfäule der Blütenköpfe der Weberkarden, die Stockkrankheit des Roggens, die Ringelkrankheit der Hyazinthenzwiebel, die in Holland unter dem Namen Kroefzickte bekannte Krankheit der Zwiebel, die Krankheit der Luzernepflanzen und des roten Klees, die Wurmfäule der Kartoffel, die an die sogen. Trockenfäule erinnert, und ist wahrscheinlich auch identisch mit einer frei lebenden Nematodenart (Intermedius de Man) die sich sowohl im feuchten, sogar salzhaltigen Marschboden als auch im sandigen Boden der Dünen Hollands findet. Die Bekämpfung dieser schädlichen, fast mikroskopisch kleinen Fadenwürmer erfolgt am besten durch Fangpflanzen, eine Methode, die Kühn in Halle mit Erfolg gegen den die Rübenmüdigkeit erzeugenden N. Heterodera Schachti angewendet hat. Das Vorgehen besteht darin, daß vor der Bestellung der Felder mit der eigentlichen Frucht (Rüben, Getreide od. dgl.) eine Pflanze angesäet wird, deren Wurzeln ebenfalls von den jungen Fadenwürmern aufgesucht werden; zu einer bestimmten Zeit, in welcher der junge Wurm ein bestimmtes Stadium der Entwickelung erreicht hat, und in welcher er der freien Beweglichkeit verlustig ist, wird die Saat umgeackert, und mit dem Absterben der Pflanzen gehen auch aus Nahrungsmangel die Würmer zu Grunde. Indem man solche Fangpflanzen drei- oder auch viermal vor der eigentlichen Bestellung des Feldes aussäet, ist es möglich, bis dorthin das Feld von Fadenwürmern in erwünschter Weise zu reinigen. Als Fangpflanzen für die Rübennematoden eignen sich besonders Arten aus den Gattungen Brassica und Raphanus, ferner die Senfarten, die Gartenkresse und der Spinat. Die Vertreter der zweiten Ordnung der Fadenwürmer, die Kratzer (Acanthocephali), waren bisher nur als Tierschmarotzer bekannt. Echinorynchus maniliformis kann sich dagegen auch im Menschen entwickeln, wie Infektionsversuche ergeben haben. Zwischenwirt dieses Parasiten ist der Käfer Blaps mucronata Latr.

 Němcova (spr. njemzowa), Božena (mit ihrem wahren Namen Barbara Němec, geborne Pankl), tschech. Schriftstellerin, geb. 4. Febr. 1820 zu Wien, verheiratete sich 1837 mit dem Finanzbeamten Joseph Němec in Kosteletz, durch dessen häufige Versetzungen sie verschiedene Gegenden Böhmens und Nordungarns (Slowakei) kennen lernte, und starb 21. Jan. 1862 in Prag. N. hat sich besonders durch Sammlungen von Volksmärchen und Sagen, namentlich die „Nationalen Märchen und Sagen“ (1845 bis 1846, 3 Bde.) und „Slowakischen Märchen und Sagen“ (1858), bekannt gemacht. Außerdem schrieb sie vortreffliche Erzählungen aus dem Volksleben, unter denen besonders „Karla“, „Das Dorf im Grenzgebirge“ und „Die Großmutter“ (1855; auch ins Russische, Französische etc. übersetzt), letztere das getreueste und poetisch schönste Bild der tschechisch-nationalen Eigenart, Hervorhebung verdienen. Ihre gesammelten Werke („Sebrané Spisy“) erschienen in 8 Bänden (Prag 1862–63).

 Nemitz, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Stettin, Kreis Randow, hat eine Wasserheilanstalt (Eckerberg), eine Anstalt für Epileptische (Tabor), ein Diakonissenmutterhaus, eine Anstalt für Idioten (Kückenmühle) und (1885) 2032 Einw.

Nemours, Louis Charles Philippe Raphaël von Orléans, Herzog von, wurde ebenso wie sein Sohn, der Herzog von Alençon, auf Grund des Ausweisungsgesetzes vom 23. Juni 1886 aus der französischen Armeeliste gestrichen; seine Berufung an den Staatsrat war vergeblich. N. begab sich nach Belgien, Alençon nach Österreich.

Neuchâtel (Neuenburg), Stadt, (1888) 16,504 Einw.

Neuenburg, Kanton, (1888) 109,037 Einw.

Neuenstadt, 2) Kanton Bern, (1888) 2368 Einw.

Neu-Erkerode, s. Obersickte (Bd. 17).

Neuguinea, s. Kaiser Wilhelms-Land (Bd. 17).

 Neuhäuser, Gutsbezirk im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, Kreis Fischhausen, im Samland, an der Ostsee und der Linie Pillau-Prostken der Ostpreußischen Südbahn, hat eine Villenkolonie der Königsberger, ein Seebad und (1885) 86 Einw.

 Neumann, 10) Leopold, Freiherr von, Staatsrechtslehrer, geb. 23. Okt. 1811 zu Zaleszczyki in Galizien, wirkte 1849–83 als Professor für Völkerrecht und Statistik an der Universität Wien und starb, seit 1869 Mitglied des österreichischen Herrenhauses und bald darauf in den Freiherrenstand erhoben, 7. Dez. 1888 in Gries bei Bozen. Er schrieb: „Handbuch des Konsulatswesens“ (Wien 1854), „Das Verhältnis Schleswig-Holsteins zu Dänemark“ (das. 1864), „Grundriß des heutigen europäischen Völkerrechts“ (3. Aufl., das. 1885) und gab (vom 7. Band an mit A. de Platon) heraus: „Recueil des traités et conventions conclus par l’Autriche avec les puissances étrangères depuis 1763“ (das. 1855–88, Bd. 1–18).

  11) Angelo, Operndirektor, geb. 18. Aug. 1838 zu Wien, widmete sich anfangs der kaufmännischen Laufbahn, nahm aber nebenher bei dem Gesanglehrer Stille-Sessi Gesangunterricht, bis er 1859 den Entschluß faßte, sich ganz der Bühne zu widmen. Er wurde auch von L’Arronge als erster lyrischer Tenor für das Kölner Theater engagiert, konnte jedoch diesem Engagement nicht folgen, da inzwischen das Theater abbrannte. Er begab sich nach Krakau, sang dann in einem Konzert mit der Tietjens in Wien und folgte von hier aus einem Ruf nach Ödenburg und Preßburg. 1861 ging er zur Dippernschen Operngesellschaft nach Danzig und von hier nach Wien, wo er der Hofoper von 1862 bis 1876 angehörte. In letzterm Jahr gab N. seine Laufbahn als Sänger auf, um mit dem Beginn von Försters Direktion die Stelle eines Operndirektors am Stadttheater zu Leipzig anzunehmen. Als solcher bewies er durch zahlreiche Inszenesetzungen seine hervorragende Begabung, vornehmlich durch die Inszenierung von Wagners „Ring des Nibelungen“, dessen Aufführungsrecht ihm von Wagner übertragen wurde. Nachdem er 1881 in Berlin mit einer eignen Gesellschaft den ganzen Cyklus mit großem Erfolg zur Aufführung gebracht, unternahm er Reisen nach mehreren Hauptstädten Europas, unter andern nach London, Kopenhagen, Stockholm, St. Petersburg, Moskau, wo er durch seine Aufführungen viel zur Wertschätzung der Wagnerschen Musik beigetragen hat.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0608.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2021)