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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17

auf längern Strecken sehr fest gepackt liegt, ist der Schneepflug machtlos. Hier muß das Ausschaufeln von Hand Platz greifen, wobei event. die Arbeiter in zwei bis drei Reihen übereinander stehen müssen, um den Schnee hoch genug werfen zu können. Naturgemäß ist ein auf diese Weise ausgeschaufelter Einschnitt sehr schnell wieder verschneit, da die Breite desselben behufs Zeitersparnis thunlichst knapp gewählt wird. Statt der reinen Handschaufelung wird in Amerika überall, wo die Umstände es erlauben, ein recht empfehlenswertes Verfahren angewendet. Der zu entfernende Schneestreifen wird durch beiderseitig bis zum Bahnplanum ausgeschaufelte, möglichst schmale Gräben seitlich abgelöst und durch Quergräben in Blöcke zerlegt, welche einzeln mit Hilfe umgeschlungener Seile an eine Lokomotive gehängt und von dieser sowohl von ihrem Lager abgeschert, als auch dahin geschleift werden, wo eine bequeme seitliche Entfernung vom Bahnplanum (etwa durch Umkippen und Abstürzen) erfolgen kann. Aber auch dieses Verfahren ist in Amerika auf vielen Bahnen durch die Einführung des Leslieschen Dampf-Schneeschaufelapparats verdrängt (Fig. 4–6). Derselbe besteht im wesentlichen aus einem Schneid- od. Fräseapparat und aus einem Wurfapparat, welche hintereinander auf einer starken Welle sitzen, die auf einem Wagen parallel zu den Schienen angeordnet und mittels einer besondern Maschine in Umdrehung versetzt wird, während ein dem Eindringen des Schneeschauflers entsprechendes Vorrücken durch eine dahintergespannte Lokomotive erfolgt (Fig. 6). Der Wurfapparat ist nach Art einer Zentrifugalpumpe eingerichtet u. sitzt in Form eines Schaufelrades A in einem cylindrischen Kasten B mit einer schräg nach oben gerichteten Wurföffnung C, deren Richtung sich, je nachdem der Schnee nach rechts oder links entfernt werden soll, ebenso wie die Drehungsrichtung des Rades A abändern läßt. D ist die Betriebswelle. Auf der Rückseite ist das Rad durch eine volle Blechscheibe E vollkommen geschlossen, auf der vordern Seite aber nur teilweise von dem Schneidapparat verdeckt; derselbe besteht aus zwei konzentrisch angeordneten Ringen von zweischneidigen Messern F, deren jedes einen stumpfwinkeligen Querschnitt hat und mit dem Scheitel dieses stumpfen Winkels an einer radial zur Betriebswelle D gelagerten Achse befestigt ist. Je nach der Drehrichtung des Apparats werden sich die Messer mit einem Schenkel des stumpfen Winkels gegen das Schaufelrad A legen, während der andre Schenkel schräg aus der Vorderfläche desselben hervorsteht, zugleich eine Lücke zwischen sich und dem benachbarten Messer lassend (Fig. 5 u. 6). Der ganze Apparat schneidet nun nach Art eines Fräsekopfes in den Schnee hinein, treibt vermöge der schrägen Messerflächen den losgelösten Schnee durch die Zwischenräume zwischen den Messern dem Schaufelrad A zu und wird durch dieses mit Hilfe der Zentrifugalkraft seitlich im Bogen fortgeschleudert. Bei umgekehrter Drehung legen sich die Messer selbstthätig in die entsprechende Stellung um. Der cylindrische Kasten B erweitert sich nach vorn allmählich in eine viereckig begrenzte, scharf geränderte Öffnung, welche dem Querschnitt der abzuschneidenden Schneemasse entspricht und mit Hilfe ihrer schrägen Wandungen dem Messerrad die außerhalb seines Umfanges liegenden Schneemassen zuführt. Das Schaufelrad hat 2,75 m Durchmesser, seine Welle wird von einer Zwillingsmaschine betrieben, die von einem nach Art der Lokomotivkessel gebauten Dampfkessel gespeist wird. Schaufelapparat, Maschine und Dampfkessel sind auf einem besonders solid gebauten achträderigen Wagen

Fig. 6. Lesliescher Dampf-Schneeschaufelapparat.

angebracht, auf dem der erste Führer (Lotse) steht, welcher teils durch Signale den übrigen Führern des Schauflers und der schiebenden Lokomotive Anweisungen gibt, teils die Auswurföffnung sowie einen Eisbrecher und Räumer zum Säubern der Schienen zu überwachen hat. Letztere treten in Wirkung, wenn die Hauptmasse des Schnees durch den Schaufler beseitigt ist. Der Eisbrecher ist ein kräftiges Stahlblech, welches vor dem ersten Räderpaar in 13 mm Abstand von der Schienenoberkante angebracht ist. Der Räumer entfernt den Schnee zu beiden Seiten der Schienen bis auf 30 cm Entfernung. Eisbrecher und Räumer müssen bei Weichen oder Kreuzungen angehoben werden. Die richtige Bemessung der Drehungs- und Vorschubgeschwindigkeit ist die Hauptaufgabe des Lotsen. Von derselben hängt wesentlich der Erfolg der ganzen Schneeräumung ab. Die Wurfweite des Schauflers beträgt 30–100 m. In dieser großen Wurfweite sowie besonders in der Sicherheit, mit der

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 17. Bibliographisches Institut, Leipzig 1890, Seite 733. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b17_s0737.jpg&oldid=- (Version vom 15.12.2023)