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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Tages vorgenommene Untersuchung zeigte, daß der Leitungsdraht in einer Länge von ca. 600 m nicht mehr vorhanden war und nur an den Isolatoren etwa zentimeterlange Stücke sowie der Bindedraht unversehrt waren. Da von dem fehlenden Drahte gar nichts gefunden wurde, so muß angenommen werden, daß derselbe verbrannt sei. Bei weitern fünf Stangen war der Draht ganz verkohlt und morsch. Im Telegraphenbüreau zeigte die Blitzplatte ein 5 mm tiefes Loch, und von den sechs Bitzableiterstangen auf dem Anemometerhäuschen auf dem Gipfel des Berges waren zwei durch Abschmelzen der Platinspitzen untauglich geworden.

Glas, s. Vitrit.

Glasflügler, s. Schmetterlinge.

Glasversicherung. Das moderne Wohnhaus mit seinen großen Fenstern sowie die kostspieligen Spiegelglasscheiben, welche immer mehr für die Schaufenster der Geschäfte in den größern Städten Anwendung finden, haben viel dazu beigetragen, daß die G. von Jahr zu Jahr bedeutende Fortschritte macht. Der ganze Umfang dieses Versicherungszweigs ist nicht festzustellen, da eine Anzahl Elementar-Versicherungsgesellschaften auch die G. betreiben, in ihren Berichten aber die Ergebnisse nicht trennen. Doch sind dies regelmäßig Anstalten, die in diesem Zweige keine besondern Erfolge aufzuweisen haben. Soweit bekannt, erzielten in Deutschland 1890 mehr als 100,0000 Mark Jahresprämie:

  Prämien
und
Gebühren
Proz. der Prämien
Schäden Gewinn an
den Prämien
Hammonia (Hamburg) 285646 72,6 −3,3
Brandenburger Glasvers. 222760 71,4 −6,5
Schles. Feuer-Vers. (Breslau) 147000 73,4 −1,6
Kölnische Glasversicherung 115216 63,1 +3,7

Die 15 deutschen Gesellschaften, deren Daten veröffentlicht werden, weisen aus (in Tausenden Mark):

  18901 1889 1888 1887 1886
Prämien und Gebühren 1269 1073 938 797 708
Nettoprämien 1103 941 835 713 649
Nettoschadenzahlungen 768 595 517 403 340
Gewinn an den Prämien 7 19 26 55 78
1 Nach Liquidation der Stuttgarter Glasversicherungsgesellschaft verblieben 1890 noch 14 Gesellschaften.

In Österreich-Ungarn betreiben die neun Feuerversicherungs-Aktiengesellschaften auch die G., ohne die Daten hierüber bekannt zu geben; die Wiener Spiegelglasversicherungsgesellschaft hatte Ende 1890 für 3,355,424 Guld. Versicherungen in Kraft, vereinnahmte 76,744 Guld. an Prämien und verausgabte 44,405 Guld. für Schäden. Die Schweiz hat die Union Suisse in Genf, welche 1889: 15,076 Frank an Prämien einnahm; acht deutsche und eine englische Gesellschaft erzielten im gleichen Zeitraum dort 44,467 Fr. an Prämien. In Frankreich, England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika bestehen eine größere Zahl Glasversicherungsgesellschaften, über deren Ergebnisse uns nichts Genaues bekannt ist.

Gleichstrommaschine, s. Elektrische Maschinen.

Gleichstrommotoren, s. Elektromotoren.

Gletscher. Nach den bisherigen Beobachtungen über die Natur der Gletscherbewegung ging die allgemeine Ansicht dahin, daß ein G. sich wie eine zähflüssige, plastische Masse bewege. Daraus ergab sich der ganz natürliche Schluß, daß Eis plastisch sei. Da jedoch ein einzelnes Eisstück keine Spur von Plastizität erkennen ließ, im Gegenteil einen hohen Grad von Starrheit zu besitzen schien, so gab man die Annahme von Plastizität auf und suchte nach einer andern Erklärung für die bei der Gletscherbewegung beobachteten Erscheinungen. Daß dieselben nicht auf die Wirkungen der Regelation zurückzuführen sind, haben die Versuche von Forel dargethan, nach denen die Wasser enthaltenden kapillaren Spalten nur auf die Oberflächenschicht beschränkt sind (s. Gletscher, Bd. 18). Neuere Untersuchungen, welche MacConnel und Dudley A. Kidd anstellten, haben jedoch auf das entschiedendste dargethan, daß Gletschereis plastisch ist. Durch einen Zufall wurde gleich beim ersten Experiment der Beweis geführt, daß nicht bloß das Maß, sondern überhaupt das Vorhandensein der Ausdehnung durch die Struktur des Eises bedingt ist. Zugleich wurde durch die Untersuchungen die Ansicht widerlegt, daß Regelation bei dem Bewegungsvorgang eine wesentliche Rolle spiele. Infolge der verwickelten Struktur des Gletschereises ließ sich eine Beziehung zwischen der Anordnung der Eiskristalle und der Geschwindigkeit der Ausdehnung nicht nachweisen. Ganz anders als Gletschereis verhielt sich das Eis, welches sich auf stehendem Wasser gebildet hatte. Die einzelnen Stücke bestehen aus vertikalen Säulen in einer Länge von 30 cm bei einem Durchmesser von 1 cm. Wurde solches Seeeis einer Spannung ausgesetzt, und zwar parallel den Säulen, so zeigte es eine äußerst langsame und geringe Ausdehnung. Ein einzelner Kristall dehnt sich also nicht in der Richtung rechtwinkelig zur optischen Achse aus. Dieselbe Erscheinung zeigte sich, wenn statt des Zuges ein Druck parallel den Eissäulen angewandt wurde. Wurden hingegen fast kubische Eisstücke einem Druck ausgesetzt, so schwankte zwar die Plastizität bedeutend in den verschiedenen Stücken, doch war das Maß der Verzerrung von derselben Größenordnung, gleichviel ob die angewandte Kraft ein Zug oder Stoß war. Demnach ist heterogenes Eis, d. h. solches, welches aus einem Aggregat von unregelmäßigen Kristallen besteht, plastisch unter Druck wie Zug bei Temperaturen, die weit unter dem Nullpunkt liegen, während homogenes Eis oder ein einzelner gleichförmig gestalteter Kristall den genannten Kräften nicht nachgibt, sofern diese rechtwinkelig zur optischen Achse angewandt werden. Sehr lehrreich ist ein Vergleich zwischen den bei den Versuchen gewonnenen Resultaten und den in der Natur bei der Gletscherbewegung beobachteten Plastizitätsgraden. Das größte Maß der Ausdehnung zeigt der Rhonegletscher, und doch besitzt nur eins von den bei den Experimenten verwandten Gletschereisstücken ein geringeres Maß. Je größer das Stück, desto größer die mittlere Plastizität. Daraus folgt, daß der G. selber viel plastischer sein muß als ein Stück seiner Masse. Wenn also ein aus unregelmäßig gestalteten Eiskristallen bestehendes Stück Eis sich ausdehnt, dabei aber doch kompakt bleibt, so müssen notwendigerweise die Kristalle ihre Gestalt ändern. Es ist demnach wahrscheinlich, daß die Moleküle, welche die Kristalle voneinander trennen, sich auf den Zwischenräumen von einem zum andern bewegen. Dabei ist die Frage, wie sich die für die Bewegung der Eismasse erforderliche Plastizität aus der Kornstruktur des Eises erklärt.

Über die Art der Entstehung und das Wachstum des Gletscherkornes standen sich bisher zwei Anschauungen einander gegenüber. Die von Forel vertretene thermische Theorie, nach welcher das Korn durch Gefrieren des eingesickerten Wassers wächst, ist

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0411.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2022)