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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

und baumwollenen Hemdenstoffe, die ein ziemlich gleiches Aufnahmevermögen zeigen. Seide verhält sich der Wolle und Baumwolle ähnlich. Die rauhe Fläche eines rein baumwollenen Stoffes nimmt fast dreimal so viel Keime auf wie die glatte. Dickere Stoffe enthalten nach dem Tragen zahlreichere Keime als dünne. Wollene und baumwollene Trikotstoffe werden durch Dampf (Desinfektion) derart verändert, daß sie nun bedeutend mehr Keime aufnehmen als vorher, und zwar wird die Aufnahmefähigkeit des Wollenstoffes in höherm Grade gesteigert als die des Baumwollenstoffes. Seidenstoff dagegen zeigt keinen Unterschied im reinen und gedämpften Zustande, entsprechend dem Umstande, daß Wollenstoff stärker einläuft als Baumwolle und diese wieder stärker als Seide. Offenbar hat die Beschaffenheit des Gewebes und des Fadens den größten Einfluß auf die Ansammlung der Keime. Je mehr kleine Hohlräume zwischen den Fäden und den einzelnen Fasern eines Stoffes vorhanden sind, desto mehr Staubteilchen werden sich in ihm fangen. Je lockerer der Faden gesponnen, der zum Stoffe verarbeitet ist, je mehr Faserenden von seiner Oberfläche in die gröbern Gewebsmaschen hinein- und von der Oberfläche des Stoffes hervorragen, um so mehr ist der Stoff geeignet, Staubteilchen zurückzuhalten. Bei gleicher Beschaffenheit der Stoffe in dieser Beziehung nehmen sie annähernd proportional ihrer Dicke Staubteilchen auf. Daraus ergibt sich für die Praxis, daß die glatten und fest gewebten leinenen und baumwollenen Stoffe als die reinlichsten zu bezeichnen sind. Mit Sicherheit hat sich aus den Beobachtungen ergeben, daß unter gewöhnlichen Bedingungen eine Vermehrung der Keime in der Kleidung nicht stattfindet. Eine außergewöhnliche Vermehrung durch Wachstum tritt auf der Haut und wohl auch in einem Zeugstoff nur dann ein, wenn durch gehinderte Verdunstung Haut und K. längere Zeit feucht erhalten werden.

Klein, Adolf, Schauspieler, geb. 15. April 1847 zu Wien, betrat mit 18 Jahren zum erstenmal die Bühne in Baden bei Wien und wurde drei Jahre später an das Nationaltheater in Berlin engagiert, wo er sich besonders als Charakterdarsteller hervorthat. Diesem Fache blieb er auch später im Schau- und Lustspiel treu, wobei er den Schwerpunkt auf eine scharfe, schneidige Ausarbeitung der Charaktere im Sinne des modernen Realismus legte. Während eines Engagements am Stadttheater zu Leipzig unter der Leitung Haases erfuhr K. dessen Einfluß, der geraume Zeit seine Charakterfiguren in modernen Schau- und Lustspielen beherrschte. 1876 trat K. in den Verband des königlichen Schauspielhauses zu Berlin, wo er erste Charakterrollen (Shylock, Narziß, Mephisto u. dgl.) spielte. 1880 wurde er für das Wiener Hofburgtheater engagiert, ging dann zum Dresdener Hoftheater über, von da nach Hamburg und 1869 nach Berlin, wo er bis Mitte 1891 am Lessingtheater wirkte und unter anderm die Rolle des Grafen Trast in Sudermanns Schauspiel „Die Ehre“ schuf. K. umfaßt das ganze Gebiet des Charakterdarstellers von Shakespeare bis zu den Anzengruberschen Bauern, die seine besondere Spezialität bilden. Er hat seinen Wohnsitz in Berlin, von wo er Gastspielreisen unternimmt.

Kleinasien. Um die großen, bisher noch fast völlig unbenutzten Bodenschätze des Landes zu heben und in den freien Verkehr zu bringen, wird der Bau einer Anzahl von Eisenbahnlinien geplant, welche K. in mehreren Linien durchziehen und sich nach S. bis Tripoli und Akka, nach SO. bis Basra fortsetzen sollen. Gegenwärtig sind in K. in Betrieb 658 km, und zwar die Bahnen um Smyrna (462 km), von der Linie Skutari-Ismid, einschließlich der Bahn von Ismid nach Haydar Pascha (286 km), Mudania-Brussa (38 km) und Mersina-Tarsus (67 km). Im Bau begriffen befinden sich die Linien Ismid-Eskischehr-Angora (364 km) und Panderma-Balikesi-Kutajah-Koniah. Auch hat man im letzten Dezennium in Anatolien über 8000 km Fahrwege hergestellt. Aber noch sind die Transportkosten für Getreide und Metalle aus dem Innern an die Küste zu hoch, um den Produzenten einen Gewinn zu lassen. Um den Bergbau, dessen Erzeugnisse das Material zu den Prachtwerken der assyrischen, phönikischen und hebräischen Architektur lieferten, und der auch das Mittelalter überdauerte, ebenso wie den daniederliegenden Landbau und die fast ausgestorbene Forstwirtschaft von neuem zu beleben, ist nun ein großartiges Eisenbahnnetz geplant, welches zugleich dem wichtigen staatlichen Zwecke der Erleichterung des Verkehrs der Hauptstadt mit dem Innern des Landes und der einzelnen Landschaften untereinander dienen soll. Daher wird man zwei der bedeutendsten Städte der Provinzen: Bagdad im S. und Erzerum im O., in das Programm der nächsten Arbeitsperiode aufnehmen. Mit der vor drei Jahren erfolgten Konzessionierung der Sektion Ismid-Angora ist dies bereits geschehen, indem dabei den Konzessionären die Priorität für die Weiterführung der Bahn gegen Bagdad zugestanden wurde. Die Zentrallinie zieht sich von Angora, bez. von Amasia-Tokat bis Diarbekr durch Gebirgslandschaften, auf lange Strecken durch Felsschluchten. Da bietet es für den Baufortschritt und die Ökonomie der Baukosten einen großen Vorteil, durch die vorausgegangene, unter günstigern Bauverhältnissen bewirkte Herstellung der beiden nach dem Schwarzen Meere bei der Ausmündung des Halys und nach der syrischen Küste bei Antiochia-Suedje führenden, verhältnismäßig nicht langen Flügel Angriffspunkte für die beiden Zentralstränge und Depotplätze für das Baumaterial in Amasia-Tokat und in Diarbekr zu gewinnen.

Für die Verbindung des Bosporus mit Diarbekr, dem Thore des weiten mesopotamischen, von Tigris und Euphrat durchströmten Tieflandes, ergeben sich zwei Wege: Bosporus-Ismid-Angora-Sivas-Karput-Diarbekr und Bosporus-Boly-Amasia-Tokat-Schabb-Karahissar-Karput-Diarbekr. Bezüglich der Wahl zwischen diesen beiden ist die Regierung, bei welcher strategische Gesichtspunkte den Ausschlag geben, noch nicht schlüssig geworden; es werden aber wohl beide in der Zukunft ausgeführt werden. Die Regierung bietet für beide angemessene Garantien.

Da aber die Küste Anatoliens außer Smyrna keine für Schiffe langer Fahrt und für den Umschlag von Massengütern eingerichtete Häfen besitzt, so werden diese Einrichtungen erst geschaffen werden müssen. Diese Anlagen ließen sich aber mit den Eisenbahnunternehmungen leicht vereinigen. Das ganze auszubauende Eisenbahnnetz setzt sich aus fünf großen Teilnetzen mit einem Komplex von kleinern, ebenfalls nach den Küsten strebenden zusammen.

Maritime End­station Name des Teilnetzes Alimentationszonen der großen Stromgebiete
1) Suedje bei Antiochia Syrisches Orontes, oberer Euphrat und oberer Tigris
2) Smyrna Lydisches Hermus und Mäander
3) Ismid Bithynisches Sakaria
4) Sinope Pontisches Kisil Irmak und Jeschil Irmak
5) Basra Babylonisches Tiefland des Euphrat u. Tigris

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0536.jpg&oldid=- (Version vom 24.2.2024)