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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19

Von den beiden Tempeln, welche in der makedonischen Stadt standen, wurden neue Metopenfragmente entdeckt, am Nordabhange des Stadtplateaus ein kleines Theater und mehrere Inschriften. Über Schliemanns gesamte Thätigkeit orientiert: Schuchhardt, Schliemanns Ausgrabungen im Lichte der heutigen Wissenschaft (2. Aufl., Leipz. 1891).

Trojaburg (schwed. Trö- oder Trojeborg, engl. walls of Troie), im nördlichen Europa seit alten Zeiten im Volksmunde eine labyrinthische Steinsetzung, deren enge, verschlungene Kreiswege durch kopfgroße, selten größere Steine eingehegt sind, so daß man, dem vorgezeichneten Wege folgend, erst nach längerer Zeit und auf vielen Umwegen den gewöhnlich durch einen größern Stein bezeichneten Mittelhof erreicht. Eine der bekanntesten dieser Anlagen liegt bei der Stadt Wisby auf Gotland; doch lassen sich in Schweden und Norwegen noch mehrere Dutzend derselben nachweisen, und eine noch viel größere Zahl findet sich im nördlichen Rußland durch Finnland und Lappland, meist an den Küsten bis zum Weißen Meere hin. Hier lautet aber der verbreitetere Name Babylon (Wawylon), während ähnliche Anlagen in der Mark Brandenburg, z. B. bei Eberswalde, als Wunder- oder Zauberkreis bezeichnet wurden. Zuerst richtete E. v. Baer (1841) die Aufmerksamkeit der Forscher auf diese Anlagen, später haben sich in Rußland Kelsiew, Aspelin und Jelissejew, in Schweden Nordström, in Deutschland Ernst Krause mit der Untersuchung und Deutung dieser merkwürdigen Altertümer beschäftigt. Die Volkssage weiß nur zu berichten, daß diese Anlagen in Nordeuropa sehr alt sind, und daß es sich um die Erlösung einer in der T. gefangenen Jungfrau durch einen in den Gängen vollführten Tanz handelt, womit die Namen Jungfrudans, Nunnantarha (Nonnenhage), Jekkentanz u. a. übereinstimmen, die denselben in Schweden, Finnland und in der Mark Brandenburg beigelegt werden. Mehrere der oben erwähnten Forscher sind zu der Überzeugung gelangt, daß es sich hierin um prähistorische Altertümer handle, die der Bronzezeit entstammen, in welcher das Spiralornament eine bedeutsame Herrschaft entfaltete. Diese Ansicht wird unterstützt durch den Umstand, daß in mehreren Teilen Englands, namentlich in Northumberland, sehr zahlreiche Felsen und Steinblöcke sowie Dolmen, Menhirs und Cromlechs gefunden worden sind, die man der jüngern Steinzeit und ältern Bronzezeit zuschreibt, und auf denen mit der größten Einförmigkeit in Verbindung mit näpfchenförmigen Vertiefungen immer und immer wieder Figuren eingeritzt sind, die schon ein Schriftsteller des 17. Jahrh. als Zeichnung der „Mauern von Troja“ bezeichnete. Tate, Simpson und andre englische Schriftsteller, welche besondere Werke über diese englischen Steinritzungen herausgegeben haben, sind überzeugt, daß dieselben eine religiöse Bedeutung hatten, und zu demselben Schlusse führt auch der Umstand, daß an mehreren Orten Schwedens alte christliche Kirchen auf den Plätzen errichtet wurden, wo sich eine solche T. befindet, und daß Zeichnungen derselben auf Kirchenglocken angebracht worden sind, wie denn auch zahlreiche französische und italienische Kathedralen (z. B. in Reims, Amiens, Arras, Chartres, Lucca u. a.) solche Labyrinthe in Mosaikaufführung im Fußboden des Kirchenschiffs trugen und tragen, ohne daß man im stande wäre, den Ursprung und Zweck dieser in Frankreich „Lieue“ oder „chemin de Jerusalem“ genannten Anlagen anders zu deuten, als indem man darin Überreste des Heidentums erblickt. Dabei ist aber zu bemerken, daß das spätere griechische und römische Heidentum Labyrinthe in seinen Tempeln nicht kannte, während das bis vor wenigen Jahrzehnten erhaltene Labyrinth von Eberswalde bei einer eigentümlichen Osterfeier der Jugend benutzt wurde.

Krause hat nun darauf aufmerksam gemacht, daß der Name T. im Norden alt zu sein scheint, da auch in Italien, wo Plinius ähnlicher Steinsetzungen auf den Feldern gedenkt, ein aus prähistorischen Zeiten stammendes Trojaspiel bekannt war, das mit der griechischen Trojasage nicht den geringsten Zusammenhang besitzt, wohl aber mit dem kretischen Labyrinthtanz (Geranos) und mit der Feier einer Göttin Frutis, die stark an die nordische Freyja oder Frudisa erinnert. Nun bedeutet Troja in der altdeutschen Dichtung die Unterwelt, und die germanischen Völker besaßen viele Dichtungen von einer in die Unterwelt entführten und wieder zurückgebrachten Göttin (Freyja und Iduna), auf deren Befreiung im Frühling sich jener in Nordeuropa, Altitalien, Kreta und Delos nachweisbare Labyrinthtanz bezogen zu haben scheint. Entführung und Erbauung des Labyrinths werden auf Kreta und in Nordeuropa einem göttlichen Schmiede (Dädalos und Wieland) zugeschrieben, und auch in der „Edda“ wird in einer Dichtung, die mit derjenigen von der Erbauung Trojas (in der „Ilias“) die größte Ähnlichkeit besitzt, ein kunstreicher Schmied sowohl als der Erbauer der Asenburg, wie als derjenige bezeichnet, welcher die Freyja zum Lohne verlangte. So knüpft sich eins der wichtigsten Kapitel der altarischen Mythologie an die bisher fast ganz übersehenen Trojaburgen des Nordens. Vgl. Krause, Die Trojaburgen Nordeuropas (Sonntags-Beilagen der „Vossischen Zeitung“ 1891).

Trojan, Pravoslav Alois, tschech. Politiker, geb. 2. April 1815 zu Knobis bei Schlan in Böhmen, studierte in Prag die Rechte, ward einer der Gründer des Prager Bürgerklubs (Mestanska Beséda) und 1848 des tschechischen Nationalausschusses und wurde in den konstitutierenden Reichstag (1848–49) gewählt. Nachdem er 1855 als Doktor der Rechte promoviert hatte, wurde er zum Notar in Rakonitz, 1880 in Prag ernannt. Seit 1861 Mitglied des böhmischen Landtags und seit 1867 des österreichischen Abgeordnetenhauses, in welchem er aber erst 1879 seinen Sitz einnahm, war er einer der Hauptvertreter des sogen. böhmischen Staatsrechts und hielt sich zu den Alttschechen. Als diese 1890 auf Ausgleichsverhandlungen eingingen und T. merkte, daß diese von der Masse des tschechischen Volkes nicht gebilligt wurden, sagte er sich vom Alttschechenklub los und ließ sich nach dem Rücktritt Riegers 1891 in dessen Wahlkreis Prag zum Reichsratsabgeordneten wählen.

Tropenwald, die zu beiden Seiten des Äquators bis etwa zu den Wendekreisen in den heißesten und feuchtesten Gebieten der Erde sich ausdehnende Waldformation. Klimatisch steht dieselbe in inniger Abhängigkeit sowohl von hoher Licht- und Wärmeintensität, als besonders auch vom Eintritt und der Ausgiebigkeit der Niederschläge, die entweder periodisch zur Zeit des Zenithstandes der Sonne oder das ganze Jahr hindurch erfolgen. Im ersten Fall entwickeln die Bäume ihr Laub bei Eintritt der Regenzeit und stehen zur Zeit der Dürre, die als Vegetationsruheperiode unserm nordischen Winter entspricht, entblättert da. Derartige regengrüne Tropenwälder überwiegen z. B. in Afrika, sind aber auch in Indien von mächtiger Ausdehnung und gehen in

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 19. Bibliographisches Institut, Leipzig 1892, Seite 928. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b19_s0942.jpg&oldid=- (Version vom 28.5.2023)