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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2

Lokal der Nationalversammlung mit königlichen Wachen besetzt und versperrt worden war, den dritten Stand führte, und wo er die Deputierten schwören ließ (Schwur im B., Séance du jeu de paume), sich nicht eher zu trennen, als bis die Konstitution Frankreichs auf gediegener Grundlage errichtet und befestigt sei.

Ballhorn, Johann, Buchdrucker zu Lübeck 1531 bis 1597, dessen Berühmtheit sich nach der gewöhnlichen Annahme auf eine Fibel gründet, in welcher er das bis dahin übliche Bild eines an den Füßen gespornten Hahns in das eines ungespornten, dem ein paar (nach andern ein ganzer Korb) Eier zur Seite liegen, verwandelte, auf den Titel die Worte setzend: „Verbessert durch Johann B.“ Wahrscheinlich ist aber, daß der Ausdruck Ballhornisieren, Verballhornen, d. h. etwas durch vermeintliche Verbesserung verschlechtern, einer von dem Bürgermeister Lüdinghausen und dem Senator v. Stiten revidierten Ausgabe des Lübecker Stadtrechts, welche ihrer Mangelhaftigkeit halber allgemein getadelt wurde, seine Entstehung verdankt. Da die Namen der Revisoren den Bürgern unbekannt blieben, so hielten sich diese an den auf dem Buche genannten Drucker B.

Ballina, Stadt in der irischen Grafschaft Mayo, am Moyfluß, 11 km oberhalb dessen Mündung in die Killalabai, hat (1881) 5760 Einw., ist Sitz des katholischen Bischofs von Killala, hat ein bischöfliches Seminar (St. Murdoch’s) und einen kleinen Hafen. Zum Hafengebiet gehören (1883) 131 Fischerboote. B. ist der einzige Ort der britischen Inseln, der im großen Krieg mit Frankreich von den Franzosen besetzt wurde (im August 1798 durch den General Humbert).

Ballinasloe (spr. -lóh), Marktstadt in der irischen Grafschaft Galway, am Suck (zum Shannon), hat ein katholisches Seminar, Irrenhaus, Besserungsanstalt und (1881) 4772 Einw., welche Kutschenbau und Fabrikation landwirtschaftlicher Geräte betreiben. Im Oktober finden zu B. berühmte Viehmärkte, im Juli Wollmärkte statt.

Balling, Karl Joseph Napoleon, Chemiker, geb. 21. April 1805 zu Gabrielshütte in Böhmen, wo sein Vater Hüttenkontrolleur an dem Eisenwerk des Grafen Rottenhan war, bezog 1820 die polytechnische Lehranstalt zu Prag, erhielt 1824 eine Stelle als Adjunkt und 1835 die Lehrkanzel für Chemie und das Amt eines Bibliothekars an dieser Anstalt und starb daselbst 17. März 1868. Sein Hauptwerk ist „Die Gärungschemie, wissenschaftlich begründet und in ihrer Anwendung auf Weinbereitung, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei und Hefenerzeugung praktisch dargestellt“ (Prag 1845–47, 4 Bde.; 3. Aufl. 1865). Die landwirtschaftlichen Gewerbe förderte er namentlich durch Einführung des Saccharometers, zu dessen Gebrauch er mehrere Anleitungen lieferte. Auch schrieb er: „Über einige der wichtigsten Gegenstände des Eisenhüttenwesens“ (Leipz. 1829); „Eisenerzeugung in Böhmen“ (Prag 1849).

Ballinger, im Mittelalter eine Art Kriegsfahrzeuge der Franzosen und Engländer.

Ballismus (griech.), das Hüpfen, Veitstanz.

Balliste (lat., v. griech. ballein, „werfen“; deutsch Blyde), Wurfmaschine der alten Römer, unter der man je nach der Zeit zwei sehr verschiedene Geschütze sich vorstellen muß. Bis etwa 200 n. Chr. bezeichnete B. die ihrer schräger Spannung wegen von den Griechen Palintona (s. d.) genannte Art der Katapulte (s. d.), also ein zweiarmiges Geschütz, dessen Schleuderkraft auf der starken Torsion zweier Sehnenbündel beruhte, und mit welchem vorzugsweise Steine, große Bleikugeln und balkenähnliche Pfeile in einem Winkel von 45° geschleudert wurden (s. Abbildung). Im 4. Jahrh. unsrer Zeitrechnung bezeichnet bei den Römern B. ein eisernes Bogengeschütz, ganz nach Art unsrer Armbrust konstruiert, dessen Kraft auf der Elastizität der beiden eisernen Bügel beruhte. Das Geschoß dieser Ballisten waren eisenbeschlagene Pfeile, die auf einer durch eine Richtschraube vertikal beweglichen Rinne ruhten und so einen sehr verschiedenen Elevationswinkel erhalten konnten. Die Ballisten waren natürlich von verschiedener Größe; kleinere konnten von einem einzelnen Soldaten bedient werden und wurden deshalb nach Art der spätern Wallbüchsen oft im offenen Feld verwandt. Größere

Balliste.

verlangten zur Spannung ihrer Sehnen eine zahlreichere Mannschaft und die Zuhilfenahme von Maschinen. Über die Wirkung eines solchen Geschützes wird berichtet, daß es bis über die Donau reichte; leider ist jedoch nicht gesagt, an welcher Stelle. Marquardt hat auch diese Art der Ballisten als ein Torsionsgeschütz auffassen wollen, doch streiten damit die Berichte der Alten (s. Köchly und Rüstow, Griechische Kriegsschriftsteller, Bd. 1, S. 408 ff.) wie auch der Umstand, daß in einigen Gegenden Bayerns bis heute sich der Name Ballester für Armbrust erhalten hat. Vgl. Marquardt-Mommsen, Handbuch der römischen Altertümer, Bd. 5 (Leipz. 1876).

Ballístik (v. griech. ballein, „werfen“), die mathematisch-physikalische Lehre von der Bewegung geschossener oder geworfener Körper, die es besonders damit zu thun hat, die Flugbahn der Geschosse im widerstehenden Mittel, d. h. der Luft, zu bestimmen. Die Wissenschaft der B. beginnt mit Galilei, welcher (um 1590) die Gesetze des Beharrungsvermögens der Körper und die Anziehungskraft der Erde entdeckte. Es beschäftigten sich mit dieser Lehre besonders

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 2. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b2_s0295.jpg&oldid=- (Version vom 28.3.2023)