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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6

Bei dem geschichteten (heteromeren) Thallus unterscheidet man auf dem Durchschnitt (Fig. 6) die Rindenschicht, welche aus innig verflochtenen

Fig. 2. Fig. 5.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 1.
Fig. 1. Strauchförmiger Thallus der Renntierflechte (Cladonia rangiferina). – Fig. 2. a Laubförmiger Thallus von Obryzum corniculatum; b stark vergrößerte Sporen; c Apothecien. – Fig. 3. Laubförmiger Thallus der Schildflechte (Parmelia conspersa). – Fig. 4. Säulchenflechte (Cladonia fimbriata) mit Podetien; a ohne, b mit Apothecien. – Fig. 5. a Krustenartiger Thallus der Schriftflechte (Graphis scripta); b schwach vergrößert; c Spore, 1000fach vergrößert.

Pilzhyphen besteht und daher ein scheinbares Parenchym darstellt (aa); die Gonidienschicht (gonimische Schicht), welche unterhalb der Rindenschicht liegt, und in welcher außer Hyphen, die von der Rinden- zur Markschicht verlaufen, die Gonidien und die chlorophyllhaltigen Algenzellen enthalten sind (g); endlich die Markschicht, ein wiederum nur aus Pilzhyphen bestehendes, meist lockeres, lufthaltiges Gewebe (m), welches im strauchartigen Thallus den innern, im laub- und krustenartigen den untern, dem Substrat anliegenden Teil ausmacht. An der Unterseite des laubartigen Thallus befinden sich die Haftfasern, dickere oder dünnere Hyphenbündel (rr), welche mit ihren Enden in das Substrat eindringen und dadurch den Thallus befestigen. Das Wachstum des geschichteten Thallus erfolgt durch Zunahme an den Spitzen, bez. an den Rändern und beruht im allgemeinen darauf, daß hier die Hyphen sich verlängern und durch Verzweigung neue zwischen sich erzeugen; die Gonidien sind hier nur als isolierte Zellen oder Zellengruppen zwischen die Hyphen eingestreut, gleichsam wie fremde Bestandteile nisten sie zwischen denselben und vermehren sich nur entsprechend der Zunahme des Thallus. Bei den F. mit ungeschichtetem (homöomerem) Thallus sind die Gonidien nicht auf eine besondere Schicht beschränkt, sondern, mit den Hyphen gemengt, gleichmäßig im ganzen Thallus verbreitet (Fig. 7 I). Hierher gehört der Thallus der Gallertflechten, welcher blattartige, meist unregelmäßig krause Gestalt und gallertartige Beschaffenheit besitzt. Seine Gonidien (Fig. 7 II) entsprechen genau gewissen Algengattungen, zumal dem Nostoc; auch rührt die gallertartige Substanz dieser F., wie

Fig. 6.
Durchschnitt durch den geschichteten Thallus einer Laubflechte (Sticta fuliginosa), 500fach vergrößert.

bei Nostoc etc., von den aufgequollenen Membranen derselben her, und ihre Vermehrung bedingt hier allein das Wachstum der Flechte, während die Hyphen den untergeordneten Bestandteil ausmachen, indem sie nur nach allen Richtungen hin in der Gallerte der Gonidien wuchern. Bei den Fadenflechten (Byssacei) besteht die Gonidienunterlage aus einer sich verzweigenden Fadenalge, die von zarten Fäden, den Pilzhyphen, umflochten wird, so z. B. bei Ephebe und dem auf Baumrinde in Südamerika lebenden Coenogonium. Noch merkwürdiger sind die Verhältnisse bei einigen rindenbewohnenden Graphideen, wie Graphis scripta Ach. und Arthronia vulgaris Ach., bei welchen zwei durchaus verschiedene Lebensstadien nacheinander auftreten. Zuerst entwickelt sich ein unter der Baumrinde wachsender gonidienloser Thallus von Pilzhyphen, der sich zentrifugal ausbreitet;

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0351.jpg&oldid=- (Version vom 13.4.2024)