verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6 | |
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Bündel vereinigt man in Ballen zu 500 kg. Die Sorten des Baumwollgarns werden nach der Gesamtqualität mit den Abstufungen: ordinär, gut, Sekunda und Prima nebst den dazwischenliegenden Mittelstufen bezeichnet. Von den gefärbten Garnen ist das wichtigste das Rotgarn, welches durch Krapp türkischrot gefärbt ist. Der Baumwollzwirn dient als Näh-, Stick- und Strickgarn. Der Zwirn wird auch häufig gefärbt in den Handel gebracht und auch in Pakete zu 5 Pfd. verpackt. Nähzwirn kommt in der Regel auf kleine Spulen oder zu einem Knäuel gewickelt in den Handel; wenn derselbe mit Hilfe klebriger Stoffe (dünner Kleister, Gummilösung) glänzend gemacht (lüstriert) ist, nennt man ihn Eisengarn.
Beim Leinengarn, wenigstens beim Handgespinst, wird die Einteilung und Länge der Strähnen in den verschiedenen Ländern nach sehr abweichenden Systemen bestimmt; beim Maschinengespinst wird gegenwärtig auch in den deutschen Spinnereien nach englischem System gerechnet. Der Haspelumgang beträgt hiernach 21/2 Yards, 120 Fäden (threads) = 1 Gebinde (cut, lea), 2 Gebinde = 1 heer, 6 Gebinde = 1 slip, 12 Gebinde = 1 Strähne (hank), 2 Strähnen = 1 Stück (hasp), 2 Stück = 1 Spindel (spindle); 1 Spindel hat mithin 14,400 Yards Fadenlänge. Die Zahl der Gebinde, welche zusammen 1 Pfd. wiegen, gibt die Feinheitsnummer. Da nun die Fadenlänge eines Gebindes 300 Yards beträgt, so erhält man die Länge eines Fadens, welcher 1 Pfd. wiegt, wenn man die Feinheitsnummer mit 300 multipliziert. Will man die einer Leinengarnnummer entsprechende Baumwollgarnnummer finden, so muß man sie durch 2,8 dividieren. Diese entsprechenden Nummern zeigen nun aber G. von sehr verschiedenem Äußern; das Leinengarn ist feiner, weil die Flachsfaser dichter ist. Die häufigsten Nummern von Maschinengarn sind 20–160, von Werggarn 10–60. Die schwächsten Leinengarne heißen in Böhmen Lotgarne, von deren feinsten Sorten ein Stück von 16,800 Ellen Fadenlänge 11/2–13/4 Lot wiegt. Das Handgespinst unterscheidet sich vom Maschinengespinst dadurch, daß es sich fetter und glatter anfühlt, elastischer, stellenweise schwächer und am Umfang weniger gerundet ist, sich auch nicht aufrollt, während das Maschinengarn steifer und rauher sich anfühlt, von gleichförmiger Dicke und vollkommnerer Rundung ist. Den feinsten Leinenzwirn liefern Holland und Belgien, namentlich ist der flandrische und brabantische Spitzenzwirn berühmt und wird bis 1000 Frank das Kilogramm bezahlt. Englischer und schottischer Zwirn ist von besonderer Festigkeit und von schönem Ansehen. Auch Frankreich liefert gute Zwirne, z. B. Liller Glanzzwirn. Bedeutend ist auch die Produktion von Leinenzwirn im nördlichen Böhmen. Die Hauptsorten des Leinenzwirns sind: Nähzwirn, zwei- oder dreifach gezwirnt aus 30–300gängigem G.; Spitzenzwirn, zweifach gezwirnt aus 50–200gängigem G.; Strickzwirn, drei- oder vierfach gezwirnt aus 25–80gängigem G. Zwirn kommt gebleicht und ungebleicht und manche Sorten auch häufig gefärbt vor.
Jutegarne werden vorzugsweise zu Säcken für Getreide, Mehl, Salz, Zucker, Kaffee etc., ferner mannigfaltig gefärbt zu Teppichen verarbeitet. Im Handel gilt die englische Flachsnumerierung. In Fabriken, die zugleich spinnen und weben, wird größtenteils die sogen. schottische Numerierung gebraucht, welche eine konstante Längeneinheit von 14,400 Yards (1 spindle) annimmt und das als Nummer bezeichnet, was diese Einheit in englischen Pfunden wiegt. Die meisten Jutegarne liefert für den Handel Dundee in Schottland, woselbst diese Industrie im großartigsten Maßstab betrieben wird. Neuerdings sind auch in Deutschland große Jutespinnereien und -Webereien entstanden, welche vorzügliche Stoffe, namentlich Vorhänge, Tischdecken u. dgl., fabrizieren. Taugarne werden von verschiedener Feinheit gesponnen; diese wird in Holland durch die Anzahl Hektogramme, welche 150 m davon wiegen, bestimmt. Gewöhnlich spinnt man G. von 2–9 hg. In England drückt die Nummer aus, wieviel Stücke von 15 engl. Fuß Länge auf ein englisches Pfund gehen. Gewöhnlich spinnt man Nr. 16–40.
Wollgarn kommt entweder einfach oder gezwirnt, gefärbt oder ungefärbt unter verschiedenen Namen im Handel vor. Die einfach gezwirnten zu Teppichen und Posamentierarbeiten heißen Harrasgarn. Beim Wollgarn und zwar beim Streichgarn ist die Länge und Einteilung der Strähne in den verschiedenen Ländern sehr abweichend; man unterscheidet z. B. eine preußische, sächsische, böhmische, mährische, niederländische, französische, englische Weise u. a.; beim Kammgarn hat der Haspel in England 1 Yard Umfang, alles übrige ist wie bei der Baumwolle. In deutschen Spinnereien wird das Kammgarn ganz wie Baumwollgarn behandelt.
Seidengarn ist entweder aus Kokonfäden zusammengedreht (kurz Seide genannt), oder als Florettseidengespinst, Florettseide aus verschiedenem Seidenabfällen durch Spinnen ähnlich dem der gewöhnlichen Faserstoffe gewonnen und kommt unter verschiedenen Benennungen im Handel vor, als Crescentin, Schappe (chappe), Gallettam, Gallet, Fantasie etc. Strazza nennt man die aus den bei der Florettseidenbereitung entstehenden Abfällen erzeugten Garne. Die bessern Sorten der Gespinste werden als Einschlag bei verschiedenen Seidenstoffen, als Kette bei mancherlei Halbseidenzeugen, groben Bändern und Schnüren und als Stickseide, die geringern zum Stricken und zur Strumpfwirkerei gebraucht. Die Feinheit der Gespinste drückt man auch durch Nummern aus, die aber keine allgemein übereinstimmende Grundlage haben (s. Seide).
Die angedeutete mannigfaltige Numerierung der Garne bringt viele Übelstände im Handel mit sich, und eine einheitliche Garnnumerierung erschien vom Standpunkt des Verkehrs und der Technik aus höchst wünschenswert. Aus Anlaß der Wiener Weltausstellung 1873 wurde deshalb ein internationaler Kongreß veranstaltet, welchem die Bestimmung der einheitlichen Grundsätze für die künftige Numerierung aller Gespinste zur Aufgabe gestellt war. Der Kongreß entschied sich für das rein metrische Numerierungssystem und als Basis der Nummerbestimmung veränderliche Längen des Gespinstes bei festgesetztem Gewicht. Als Nummer ergibt sich demzufolge die Zahl Meter auf 1 g. Als einheitliche Strähnlänge wurden 1000 m mit der Unterabteilung zu 100 m angenommen. Die Bestimmung des Haspelumfangs für die verschiedenen Gespinste wurde einem ständigen Ausschuß zugewiesen. Bezüglich der Beurteilung der Richtigkeit einer Nummer wurde bestimmt, daß nur noch ein Garnquantum von einer größern Anzahl von Metern, jedenfalls nicht weniger als eine Strähne, gesetzlich zur Beurteilung kommen darf. Die belgischen, deutschen und österreichischen Streichgarnspinner einigten sich über eine Weife von 1,5 m, ebenso die Leinenspinner über einen Haspel von 1,25 m für feine und 2,5 m für grobe Garne. Die offizielle Einführung der Kongreßbeschlüsse sowie die Bestimmung
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 6. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 912. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b6_s0912.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2024)