verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8 | |
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2) Franz Ludwig, Fürst von, geb. 22. Nov. 1756 zu Wien, wurde kurmainzischer Geheimrat, Generalleutnant und Inhaber eines Infanterieregiments, trat 1795 in preußische Dienste und stieg in diesen zum Generalmajor und 1802 zum Generalleutnant. Als 1806 Berlin von den preußischen Truppen geräumt wurde, übertrug ihm der Gouverneur und Staatsminister Graf von der Schulenburg-Kehnert, sein Schwiegervater, die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten. Wegen eines am 24. Okt. wenige Stunden vor Ankunft der Franzosen an den König abgesandten, aber aufgefangenen Berichts über die französische Armee ward H. 28. Okt. verhaftet. Seine Gemahlin warf sich Napoleon zu Füßen. Als ihr dieser den Brief ihres Gemahls als den einzigen Beweis für dessen Schuld entgegenhielt, ergriff sie ihn entschlossen und vernichtete ihn an einem nebenstehenden Licht. H. ward hierauf freigelassen. Später wurde er noch mit mehreren diplomatischen Sendungen betraut; 1818 ging er als Gesandter nach dem Haag, 1822 nach Wien, wo er 3. Febr. 1827 starb. Die fürstliche Würde ging auf seinen ältern Sohn, den Fürsten Friedrich Hermann Anton, geb. 2. Okt. 1808, gest. 20. Juli 1874, über; jetziger Chef des Hauses H.-Trachenberg ist dessen Sohn, Fürst Hermann, geb. 4. Febr. 1848, erbliches Mitglied des Herrenhauses und Mitglied des Reichstags, in dem er sich der deutschen Reichspartei angeschlossen hat. Der jüngere Sohn des Fürsten Franz Ludwig, Graf Maximilian, geb. 7. Juni 1813, betrat die diplomatische Laufbahn, ward 1838 preußischer Legationssekretär zu Paris und im Mai 1849 außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister daselbst und wohnte als zweiter Bevollmächtigter Preußens dem Pariser Friedenskongreß von 1856 bei; er starb 19. Jan. 1859.
3) Sophie, Gräfin von, geb. 10. Aug. 1805, Tochter des vorigen, seit 1822 vermählt mit dem Grafen Edmund von H.-Wildenburg und seit 1851 von demselben geschieden. Während des Scheidungsprozesses, im August 1846, entwendeten, wie man sagte, auf Anstiften F. Lassalles, Assessor Oppenheim und Dr. Mendelssohn im Mainzer Hof zu Köln der Baronin Meyendorf eine Kassette, in welcher sie für die Gräfin H. wertvolle Urkunden vermuteten, welcher Diebstahl einen seiner Zeit aufsehenerregenden Prozeß zur Folge hatte. Seitdem war die Gräfin Lassalles mütterliche Freundin und beteiligte sich namentlich an seiner sozialistischen Agitation, auf die sie auch nach Lassalles Tod 1864 ihren Einfluß geltend zu machen suchte. Sie starb 25. Jan. 1881 in Wiesbaden.
4) Paul Melchior Hubert Gustav, Graf von, preuß. Diplomat, aus der Linie H.-Wildenburg, Sohn der vorigen und Bruder des Fürsten Alfred von H. (geb. 9. April 1825), des Chefs der Linie Wildenburg, geb. 8. Okt. 1831, studierte die Rechte, trat sodann in die diplomatische Laufbahn ein und war bei mehreren preußischen Gesandtschaften, namentlich in Washington und Paris, als Legationsrat angestellt. Hierauf wurde er als Geheimer Legationsrat und vortragender Rat in das Auswärtige Amt zu Berlin berufen und 1874 zum außerordentlichen Gesandten in Madrid ernannt, wo er in der schwierigen Zeit des Karlistenkriegs und der innern Wirren das Deutsche Reich vertrat. 1878 erhielt er den Posten des deutschen Botschafters in Konstantinopel, wo er 1880 als ältestes Mitglied des diplomatischen Korps die Kollektivverhandlungen der Mächte mit der Pforte über die Dulcignofrage und den griechischen Grenzstreit führte; auch erwarb er sich ein besonderes Verdienst durch Erwirkung des Fermans für die Ausgrabungen in Pergamon. Er übernahm 1881 als Staatssekretär die Leitung des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs und ward 1885 zum Botschafter in London ernannt.
Hatzfeldhafen, Einschnitt der deutschen Nordostküste Neuguineas unter 145° 9′ östl. L. v. Gr. und 4° 24′ südl. Br., mit einer Station der Neuguineagesellschaft.
Hatzhunde, s. v. w. Hetzhunde.
Haube (franz. Coiffe), eine leichte rundliche Kopfbedeckung, nach Maßgabe der Mode und des Standes von sehr verschiedener, gegen Ende des Mittelalters sehr barocker Form (vgl. Hennin und für die spätere Zeit Fontange sowie die Tafeln „Kostüme“ II, Fig. 2, 3, 7, 9 u. 11; III, Fig. 6, 8, 9 u. 11); war besonders die Tracht verheirateter Frauen (während Jungfrauen die Haare frei herabfallend trugen), daher unter die H. kommen, s. v. w. heiraten; in der Heraldik die Bischofsmütze. – Außerdem heißt H.: bei Vögeln ein haubenartiger Federbusch auf dem Kopf; der zweite Magen (Netzmagen) der Wiederkäuer; der Teil eines Hammers oder Beils, worin der Stiel befestigt ist; in der Baukunst ein ausgeschweiftes Kuppeldach, auch die gewölbte Decke über Back- und Schmelzöfen; ebenso der obere, gewölbte Teil einer Glocke; endlich in der Jägerei das Netz beim Frettieren (s. d.).
Haubentaucher, s. Steißfuß.
Hauberg (Haubergsordnung, Haubergswirtschaft), s. Hackwald.
Haubergsgenossenschaften, s. Waldgenossenschaften.
Hauberrisser, Georg, Architekt, geb. 19. März 1841 zu Graz, besuchte die technische Anstalt daselbst und setzte 1862 seine Studien unter Ziebland, Neureuther und Lange an der Münchener Akademie, dann an der Bauakademie zu Berlin unter Strack und Bötticher und 1864 an der Wiener Akademie unter Schmidt fort. Dann beteiligte er sich an der für den neuen Rathausbau in München ausgeschriebenen Konkurrenz, aus welcher er mit seinem im gotischen Stil gehaltenen Entwurf als Sieger hervorging. Er begann 1867 mit der Ausführung des Baues, den er 1872 in Backsteinrohbau mit Haustein vollendete, und ließ auch die kleinsten Details der Innendekoration nach seinen Zeichnungen und unter seiner speziellen Leitung herstellen. In München baute er auch das Kaulbach-Museum (1875) und in Landshut den Rathaussaal. H. lebt seit 1867 in München und wurde 1874 von der dortigen Akademie zum Ehrenmitglied ernannt.
Haubert, s. Rüstung.
Haubitze (v. tschech. haufnice), ursprünglich eine hölzerne Schleuder zum Werfen von Steinen „haufenweise“, dann ein in einer Räderlafette liegendes glattes Wurfgeschütz, dessen Rohr, 6–8 Kaliber lang, in seiner Länge zwischen den Kanonen und Mörsern stand, ein zur Zeit aus den meisten Artillerien gänzlich verdrängtes Geschütz. Die Haubitzen schossen Granaten, Kartätschen, Schrapnells, Brand- und Leuchtgeschosse. Sie kommt (als Hauffnitz) zuerst um 1425 unter Ziska bei den Hussiten vor, schoß damals Steinkugeln und erhielt erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. Granaten. Ihr Kaliber war das der 3- und 4-Pfünder (meist Berghaubitzen), 7-, 10-, 25-, 30- und 50-Pfünder, von welchen die 7- und 10pfündigen zur Feldartillerie gehörten. Sie dienten vorzugsweise zum Beschießen gedeckter Ziele, z. B. des Innern von Schanzen, Rikoschettieren, Einschießen von Erd- und
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 8. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b8_s0211.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2024)