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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

4 Zeittafel der Kirchengeschichte (13. und 14. Jahrhundert).  


Welt, Kirche und Staat Innerkirchliches, Verfassung und Kultus Wissenschaft und Lehrbildung; Opposition
Verfall des mittelalterlichen Katholizismus.
1) Der romanische Katholizismus auf seiner Höhe (13. Jahrhundert).
1200 Interdikt über Frankreich. Innocenz III. Vicarius Christi, nicht mehr Petri; die Bischöfe Vikare des Universalbischofs; in seinen Dienst treten die neuen Bettelorden. Weltliche Machtstellung des Papstes, der zugleich als Gedankenmonarch fungiert. Die geistliche Polizei der Inquisition. Massenhafte Ketzervertilgung mit Feuer und Schwert. Universitäten Cambridge und Oxford.
1201 Unterwerfung Philipp Augusts von Frankreich. Allmähliches Bekanntwerden des Aristotelismus unter anfänglichem Widerstand der Kirche. Alle Wissenschaft im Dienste der Kirche. Katharer in Italien, Frankreich, Deutschland.
1202–1204 Vierter Kreuzzug.
1204 Aragonien päpstliches Lehen.
1204–61 Lateinisches Kaisertum in Konstantinopel.
1205–29 Kreuzzug gegen die Albigenser.
1208 Interdikt über England.
1210 Kaiser Otto IV. gebannt.
1213 England päpstliches Lehen. Kreuzzug der Kinder.
1215 Friedrich II. in Aachen gekrönt. 1215 Viertes Laterankonzil. Ohrenbeichte und Transsubstantiation.
1216–27 Honorius III. Triumph romanisch-kathol. Frömmigkeit in den Stiftungen des Dominikus und Franz von Assisi.
1217 Kreuzzug des Königs Andreas II. von Ungarn. 1222–24 Universitäten zu Padua und Neapel, Kulturblüte in Unteritalien und Sizilien unter Friedrich II.
1223 Bestätigung der Franziskaner.
1226–70 Ludwig IX., der Heilige, in Frankreich. 1229 Konzil zu Toulouse. Inquisition und Bibelverbot. Sieg des Aristotelismus in der Scholastik. Kampf der Universitäten (Paris) gegen das Eindringen der Bettelmönche. Die Summisten.
1227–41 Gregor IX. St. Elisabeth und Konrad von Marburg. Antonius von Padua. Dekretalen Gregors IX.
1228–29 Fünfter Kreuzzug des Kaisers Friedrich II.
Franziskaner: Alexander von Hales und Johannes Bonaventura. Dominikaner: Albertus Magnus und Thomas von Aquino (Lehre von Kirche und Staat, von päpstlicher Unfehlbarkeit). Höhepunkt der Scholastik. Stiftung der Sorbonne. Vincentius von Beauvais. Roger Bacon. Raimundus Lullus.
1230–83 Deutschritter unterwerfen Preußen; Christentum in Livland und Esthland. 1233 Dominikaner im Besitz der Inquisition.
1234 Kreuzzug gegen die Stedinger. Höhepunkt des Kampfes zwischen Kaiser und Papst; Guelfen und Ghibellinen in Italien. Spiritualen und Joachimiten im Franziskanerorden: die wieder erwachende Idee des Urchristentums im Widerspruch mit der Kirchenherrlichkeit.
1243–54 Innocenz IV. 1245 Konzil zu Lyon.
1244 Abermaliger Verlust Jerusalems. 1248 Gründung des Doms zu Köln. Die Gotik.
1249–53 Sechster Kreuzzug Ludwigs IX. Deutsche Volkspredigt Bertholds von Regensburg.
1254–73 Interregnum in Deutschland. 1264 Fronleichnamsfest.
1265–68 Clemens IV. schenkt Neapel und Sizilien an Karl von Anjou. 1269 Pragmatische Sanktion: französische Nationalkirche.
1268 Untergang der Hohenstaufen. 1274 Konzil zu Lyon. Rudolf von Habsburg verzichtet auf alle kaiserlichen Hoheitsrechte gegenüber dem Papsttum, bestätigt die frühern Schenkungen an dasselbe. Ende der Weltstellung des deutschen Kaisertums.
1270 Neuer Kreuzzug Ludwigs IX.
1285–1314 Philipp IV., der Schöne, von Frankreich.
1291 Verlust von Tripolis und Ptolemais. Ende der Kreuzzüge. Anfänge der deutschen Mystik.
1294–1308 Bonifacius VIII. Beginn des Streits zwischen ihm und Philipp IV. Beghinen und Begharden: Apostelorden in Italien, Niedergang des Katharertums in Italien.
2) Erniedrigung des Papsttums angesichts des erwachenden Staats- und Nationalitätsgedankens (14. Jahrhundert).
1302–1303 Die drei französischen Stände erklären die Unabhängigkeit der Krone Frankreichs. Dagegen schroffe Formulierung der Ansprüche des päpstlichen Absolutismus in der Bulle Unam sanctam. 1300 Einführung des Jubeljahrs. Jährliche Verfluchung der Ketzer am Gründonnerstag. Beginnende Auflösung der Scholastik: Duns Scotus gegen Thomas von Aquino; Scotisten und Thomisten. Erneuerung und Sieg des Nominalismus seit Wilhelm von Occam. Zusammenfassung der mittelalterlichen Weltanschauung bei Dante. Begründung der italienischen Litteratur durch ihn, Petrarca und Boccaccio. Durandus Thomas von Bradwardina, Buridan.
Jacopone da Todi: „Stabat mater“.
1307–14 Prozeß und Vertilgung des Templerordens.
1305–14 Clemens V. eröffnet die Reihe der französischen Päpste. 1309–77 „Babylonische Gefangenschaft“: Papst in Avignon.
1309 Verlegung der päpstlichen Residenz nach Avignon; die Johanniter auf Rhodos. 1311–17 Konzil zu Vienne. Zurücknahme der Bullen Bonifacius’ VIII.
Verfolgung der Fratricellen, Begharden, Beghinen, Lollharden Brüder und Schwestern vom freien Geist und andrer oppositioneller Regungen. Vollkommene Verweltlichung des nur juridische Ansprüche erhebenden, auf Gelderwerb und hierarchische Macht bedachten Papsttums. Ausbildung des kanonischen Rechts. Extravaganten. Begründung des Kurialsystems (gegen Ludwig den Bayern).
1314 Friedrich von Österreich und Ludwig der Bayer. Zurücktreten der romanischen Frömmigkeit hinter der germanischen.
1316–34 Johann XXII. Deutsche Mystik im Dominikanerorden: Meister Eckart, Tauler, Suso. Die Gottesfreunde. In den Niederlanden Ruysbroek und die Brüder vom gemeinsamen Leben (Gerhard Groot).
1324 Interdikt über Deutschland.
1328 Kaiserkrönung Ludwigs in Rom. Auf seiner Seite die Minoriten (Occam). Gelehrte Gegner des päpstlichen Absolutismus.
1335 Christentum unter den Lappen. Deutsche Universitäten.
1347–78 Kaiser Karl IV.
Zerfall des Kirchenstaats. Rienzi. 1349 Schwarzer Tod. Geißlerzüge. Ansätze zur Reform in Böhmen: Waldhausen, Milicz, Matthias von Janow. Wiclef tritt in England für Nationalitätsprinzip und Wiederherstellung des Christentums auf, Peter d’Ailly, Johannes Gerson und Nikolaus von Clemanges wirken in Frankreich für Reform der Kirche und Theologie.
1366 England wirft den päpstlichen Lehnszins ab. Höhepunkt des päpstlichen Raub- und Erpressungssystems, zumal des Ablaßwesens.
1378 Beginn des päpstlichen Schismas: die romanischen Völker für Avignon, die germanischen für Rom.
St. Birgitte und St. Katharina von Siena.
1387 Gegenseitige Exkommunikation beider Päpste. 1394 Die Sorbonne dringt auf Beseitigung des Schismas.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 749d. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0749d.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)