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Seite:Meyers b9 s0915.jpg

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9

bei der Darstellung von Leuchtgas aus Holz, bei der Darstellung von Holzessig und bei der Teerschwelerei.

Holz gibt beim Erhitzen bis 150° nur hygroskopisches Wasser ab; dann entwickeln sich saure Dämpfe, von 300° ab immer dichter werdender gelber oder gelbbrauner Dampf und Gase. Beim Abkühlen der entweichenden Produkte erhält man Teer und Holzessig (welcher auch Methylalkohol enthält). Die Ausbeute an K. ist um so geringer, je höher die Temperatur gesteigert wurde, und zugleich wird die K. beständig reicher an Kohlenstoff und Asche und entsprechend ärmer an Wasserstoff und Sauerstoff. Die fortschreitende Zersetzung zeigt folgende Tabelle:

Tem­peratur Gewicht des Rück­standes Zusammensetzung des Rückstandes in 100 Teilen
Kohlen­stoff Wasser­stoff Sauerstoff u. Stickstoff Asche
150° 47,5 6,1 46,3 0,08
200° 77,1 51,8 4,0 44,0 0,2
250° 49,7 65,6 4,8 29,0 0,6
300° 33,6 73,2 4,2 21,9 0,6
350° 29,7 76,6 4,1 18,4 0,6
432° 18,9 81,6 2,0 15,2 1,2
1023° 18,7 82,0 2,3 14,1 1,6
1500° 17,3 94,6 0,7 3,8 1,7

Das zwischen 270 und 300° erhaltene Produkt ist braunschwarz (Rotkohle, Röstkohle), hat bei einer um die Hälfte größern Ausbeute fast denselben Wirkungswert wie die über 340° erhaltene Schwarzkohle und wird deshalb zu metallurgischen Zwecken und wegen gewisser Eigenschaften zur Schießpulverfabrikation vielfach dargestellt. Mit dem Steigen der Verkohlungstemperatur wächst die Dichtigkeit und die Leitungsfähigkeit der K. für Wärme und Elektrizität; zugleich aber sinkt die Entzündlichkeit der K. und ihre Neigung, Feuchtigkeit anzuziehen.

Vergleicht man das scheinbare Volumen (ohne Abzug der Zwischenräume) des Holzes mit dem der K., so liefern Eichenholz 71,8–74,3, Rotbuchenholz 73, Birkenholz 68,5, Hainbuchenholz 57,3, Föhrenholz 63,6 Proz. K. Dem wirklichen Volumen nach beträgt die Kohlenausbeute im Durchschnitt 47,6 Proz. Wird das Holz bei 150° getrocknet und bei 300° verkohlt, so erhält man Gewichtsprozente K.: aus Eichenholz 46, aus Fichtenholz 40,75, Rüster 34,7, Hainbuche 34,6, Birke 34,17, Faulbaum 33,6, Esche 33,3, Linde 31,85, Pappel 31,1, Roßkastanie 30,9. Harzfreies, nicht saftreiches Holz gibt glanzlose, höchst poröse K.; die aus harzigem, saftreichem Holz erhaltene K. enthält im Innern der Zellen die aus den Saftbestandteilen gebildete Glanzkohle. Stets ist Holzkohle leicht zerreiblich, aber nur infolge ihrer Struktur; die Kohlensubstanz ist hart und ein gutes Poliermittel für Metall. Bei gewöhnlicher Temperatur ist sie höchst beständig und liegt jahrhundertelang im Boden, ohne sich zu verändern; an der Luft absorbiert sie begierig Gase und Dämpfe (s. Absorption) und aus Flüssigkeiten gelöste Stoffe. Die Gewichtszunahme frischer K. beim Liegen an der Luft beträgt in 24 Stunden bei Eichen- und Birkenkohle 4–5 Proz., Fichten-, Buchen-, Erlenkohle 5–8 Proz., Kiefern-, Weiden-, Pappelkohle 8–9 Proz., Tannenkohle 16 Proz. Im allgemeinen absorbiert bei niedriger Temperatur dargestellte K. am stärksten. Der von der K. absorbierte Sauerstoff wirkt kräftig oxydierend, er verwandelt z. B. Schwefelwasserstoff in Schwefelsäure und Wasser, Ammoniak in salpetersaures Ammoniak, Schwefelammonium in schwefelsaures Ammoniak; auch Fäulnisprodukte werden energisch zerstört, und mit K. umgebenes Fleisch zersetzt sich erst nach längerer Zeit und ohne Fäulniserscheinungen. K. wirkt geruchlos machend, indem sie riechende Stoffe absorbiert; übelriechendes, fauliges Wasser wird durch frisch ausgeglühte Holzkohle gereinigt, Weingeist vom Fuselöl befreit. Aber die K. wirkt nicht auf die im Wasser enthaltenen mikroskopischen Organismen (Bakterien etc.), und beim Filtrieren des Wassers durch K. gehen dieselben durch das Filter; das Wasser wird also geruchlos, aber nicht von den Krankheiten übertragenden Organismen befreit. K. absorbiert auch Farbstoffe, insbesondere wirkt die stickstoffhaltige K. (Knochenkohle in erster Reihe) stark entfärbend. Neben den Farbstoffen werden auch Salze von der K. absorbiert, und darauf beruht zum großen Teil der Wert der Knochenkohle für die Zuckerfabrikation. K. entzieht dem Kalkwasser den Kalk, fällt Metalloxyde, besonders die der schweren Metalle, aus den wässerigen Lösungen ihrer Salze oder absorbiert letztere unverändert; Silber- und Kupfersalze werden durch K. reduziert. Bitterstoffe, Glykoside, Kohlehydrate, besonders Alkaloide, werden ebenfalls absorbiert. Bei längerm Liegen an der Luft verliert die K. ihr Absorptionsvermögen, erlangt es aber wieder durch Ausglühen; auch können der K. die aus Flüssigkeiten aufgenommenen Substanzen wieder entzogen werden (Wiederbelebung), so daß sie namentlich nach darauf folgendem Ausglühen von neuem benutzbar ist.

Man benutzt Holzkohle zur Erzeugung intensiver Hitze besonders überall da, wo Rauch- und Flammenbildung vermieden werden muß, z. B. im Schmiedefeuer, beim Glühendmachen von Plättstählen, bei chemischen Operationen, beim Erhitzen von Gegenständen im Zimmer etc. Da sie Metalloxyde reduziert, dient sie zur Gewinnung von Metallen aus den Erzen. Bei dem hohen Preis der Holzkohle sucht man diese aber soviel wie möglich durch Steinkohle oder Koks zu ersetzen, Holzkohle dient ferner zur Darstellung von Schießpulver und Stahl, zum Entfuseln des Branntweins, zum Klären und Entfärben von Flüssigkeiten, zum Filtrieren des Wassers, zum Konservieren fäulnisfähiger Substanzen, zum Desinfizieren, zum Reinigen von Kohlensäure (für Mineralwässer), Wasserstoff, ranzigen Fetten und dumpfigem Getreide, als Zahnpulver, als Poliermittel für Metalle, zur Füllung von Aspiratoren für die Benutzung in Räumen, in welchen schädliche Gase befindlich sind. Wasser in Fässern, die inwendig verkohlt sind, bleibt sehr lange frisch. Als Dünger macht Holzkohle den Boden locker und wirkt außerdem durch ihre Absorptionsfähigkeit für Ammoniak und Kohlensäure. Zierpflanzen mit faulenden Wurzeln können geheilt werden, wenn sie in mit K. gemischte Erde gebracht werden. Große Wunden an Saftgewächsen heilen leicht, wenn man sie mit Kohlenpulver bestreut, auch kann man solche Gewächse, Knollen und Samen für langen Transport gut in K. verpacken. Retortengraphit und nach besonderm Verfahren bereitetete Koks werden zu galvanischen Batterien und zu den Polspitzen beim elektrischen Licht benutzt. Tierische K. dient namentlich zum Entfärben von Flüssigkeiten. Manche Kohlensorten dienen als schwarze Farbe (Frankfurter Schwarz, Beinschwarz, chinesische Tusche etc.), und Linden- und Weidenkohle werden zum Zeichnen benutzt.

Kohlehydrate, eine Gruppe meist vegetabilischer Substanzen, welche neben 6 oder 12 Atomen Kohlenstoff Sauerstoff und Wasserstoff in dem Verhältnis enthalten, in welchem diese Elemente Wasser

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 9. Bibliographisches Institut, Leipzig 1887, Seite 915. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b9_s0915.jpg&oldid=- (Version vom 3.10.2024)