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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen

Augsburg ist ein kunstreicher Ort,
Und zuletzt nach Elsaß fort.
Alsobald mit Gewalt
Geh ich nach Strasburg.
Es ist eine schwere Pein
Von Jungferen insgemein,
Wenn man alsdann
Nicht herzen kann
Und wieder soll mareschiren fort.

Allmittelst aber nahe an den Rand der Ebene gekommen, bemerkte ich auf gleicher Höhe mit derselben, links hin, wo sie in einem spitzen Vorsprung auslief, nur dreißig Schritt von mir, ein altes, guterhaltenes Gebäude, mehr schmal als breit, mit etlichen Thürmchen und hochgestaffeltem Giebel. Ich konnte nicht mehr zweifeln wo ich sei. Ganz sachte schlich ich näher. Es schimmerte Licht aus einem verschlossenen Laden des unteren Stocks; hier mußte der Hausschneider wohnen. Ein Hund machte Lärm, und sogleich öffnete ein Weib das Fenster.

„Wer ist da?“

„Ein Handwerksgesell, ein verirrter.“

„Welche Profession?“

Ich wagte, eingedenk meiner gefährdeten Person, nicht, die Wahrheit zu sagen. Ein Schneider! sagt’ ich kleinlaut. Sie schien sich zu bedenken, entfernte sich vom Fenster und ich bemerkte, daß man drin sehr

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Eduard Mörike: Gesammelte Schriften. 2. Band: Erzählungen. G. J. Göschen, Stuttgart 1878, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Moerike_Schriften_2_(1878)_024.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)