Seite:OAB Neuenbuerg 021.png

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Volks gebildet hat. Nach der Volkssage bewohnten den wilden See Seefräulein, welche die Hirtenknaben wunderbare Lieder lehrten, mit ihnen liebkosten und sie dann unversehens in die Tiefe zogen. Oft erschienen sie nächtlich in den einsamen Waldhütten und spannen stillschweigend am Rocken. Einsmals sei ein schmuck gekleideter Herr über die Moorebene geritten und gerade dem See zu gerennt; Mann und Roß seien in die Tiefe versunken, nur den Hut des Herrn habe man noch eine Stunde lang auf dem Spiegel des See’s schwimmen sehen.

Schlimme Geister sollen noch in den Tiefen des See’s hausen, und zuweilen lasse sich ein Spielmann lustig musizirend bei Nacht auf seinem Grunde hören, worauf immer ein Unglück erfolgen soll.


3. Naturschönheiten.

Obgleich den größeren Theil des Bezirks ein weit gedehnter, dunkler Nadelwald bedeckt, der demselben einen gewissen eintönigen Charakter aufdrückt, so fehlt es hier doch nicht an manchen malerischen, theils anmuthigen, theils wildromantischen Partien. Das satte, lichte Grün der Wiesengründe, welche sich in den schmalen Thalebenen lagern, ruft einen freundlichen Contrast mit den bis an dieselben sich hinziehenden, hochaufsteigenden, dunklen Waldungen hervor; frische, krystallhelle Flüsse und Bäche schlängeln sich in vielen Krümmungen durch die Thalsohlen, überall dem Menschen zu seinem Gewerbe Hilfe leistend. Wegen der engen Thalsohlen sind hier die Ortschaften meist in die Länge gezogen oder die heimlichen, ländlichen Wohnungen stehen vereinzelt an den Ufern der Gewässer; zuweilen auch auf den untersten Vorsprüngen der steilen Thalabhänge und bilden überaus malerische, still friedliche Gruppen, während die Seitenthälchen und Schluchten mit ihren raschen Gewässern, welche sich in namhaftem Fall, wildtosend über Felsblöcke stürzen und zuweilen kleine Wasserfälle bilden, einen wildromantischen Charakter haben. In dem Enz- und Eyachthale tritt stellenweise am Fuß der Thalgehänge der Granit auf und bildet dort pittoreske Felspartien und in dem Alpthale bei Herrenalb erscheinen seltsam geformte, thurmähnliche Felsen des Rothliegenden, die sich äußerst anmuthig gruppiren (s. hierüber die Ortsbeschreibung von Herrenalb). In dem Dorfe Loffenau stürzt sich der Laufbach über mehrere Felsterrassen des Rothliegenden und bildet dort sehr schöne, nur zu wenig bekannte Wasserfälle. Aber nicht allein an reizenden Ansichten, sondern hauptsächlich an weitgedehnten, überraschend schönen Aussichten ist der Bezirk sehr reich und steht hierin keinem Bezirk des Landes nach. Von

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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neuenbürg. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 021. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Neuenbuerg_021.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)