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Wappen der Stadt Wildbad.
Wappen der Stadt Wildbad.

Die Stadt, welche das beigesetzte Wappen (im rothen Felde zwei Tannen auf grünem Boden, welche ein Bach durchfließt) führt, hatte früher einen Oberamtmann, jetzt ist der Stadtschultheiß erster Ortsvorsteher; sie ist der Sitz eines Amtsnotariats und eines Revierförsters; außer dem K. Badarzt befinden sich daselbst noch 4 practicirende Ärzte und 4 Wundärzte, von welchen 3 zugleich Badmeister sind; auch besteht eine Apotheke und neben der Postanstalt noch eine Telegraphenstation.

Die geographische Lage der Stadt, 3 geometrische Stunden südlich von der Oberamtsstadt Neuenbürg und 12 Stunden westlich von Stuttgart entfernt, fällt unter 26° 12′ 49,0″ östlicher Länge und 48° 45′ 2,51″ nördlicher Breite. Die Erhebung über das Mittelmeer beträgt (an der Stadtkirche gemessen) 1500 Württ. Fuß = 1335 Par. Fuß und das Niveau der Enz 1434 Württ. Fuß = 1276 Par. Fuß.

In dem tief eingeschnittenen, engen, von Südwesten noch Nordosten ziehenden Thale der großen Enz, hat der in die Länge gebaute, die ganze Breite der Thalsohle einnehmende Ort, eine schöne, wildromantische Lage. Zu beiden Seiten der Stadt steigen steile Bergwände hoch an, die nur an ihren unteren Ausläufern für die Landwirthschaft benützt werden, während die Steilhänge selbst, wie auch die Höhen mit dunklen, weit gedehnten Nadelwaldungen üppig bestockt sind. Die steileren Partieen der Thalgehänge gehören der bunten Sandsteinformation an und sind mit unzähligen, los herumliegenden Felstrümmern, den starren Zeugen einer furchtbaren Erdkatastrophe, wild verworren überlagert[1]. Zunächst der Thalsohle tritt der Granit zu Tage und bildet einzelne malerische Felsgruppen, die das Urkräftige der hier ausgesprochenen Waldnatur noch vermehren. Die wiesenreiche, schmale Thalebene bildet mit ihrem lichten, saftigen Grün einen auffallenden Contrast mit dem Schwarzgrün der bewaldeten Thalgehänge und zieht sich wie ein zartes Band auf rauhem Kleide durch die wilde Waldgegend. Die anmuthige Thalebene durchschlängelt in vielfältigen Krümmungen die sog. große Enz,


  1. Von diesen Felstrümmern zeichnet sich der sog. Riesenstein besonders aus, welcher 1/2 Stunde südöstlich der Stadt auf dem hohen Gebirgsrücken zwischen der großen und kleinen Enz, in dem Walde „Meistern-Ebene“ liegt; derselbe ist 40′ lang und über 20′ breit, und soll nach der Volkssage das Grab eines Riesen decken.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neuenbürg. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Neuenbuerg_235.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)