Seite:OAB Neuenbuerg 236.png

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welche nur 4 Stunden oberhalb (südwestlich) von der Stadt entspringt und, durch namhafte Seitenzuflüsse erstarkt, schon in der Nähe der Stadt einen kräftigen Fluß bildet, der den Charakter eines Gebirgsflusses nicht verläugnend einen starken Fall hat, bei heftigen Regengüssen, wie bei schnellen Schneeabgängen öfters austritt[1] und sich wildtosend durch das Thal wälzt, wobei er viele Geschiebe, Sand etc. mit sich fortreißt und nicht selten in der Thalebene ablagert. Das Bett der Enz ist durch unzählige Felsblöcke sehr uneben und bei trockener Jahreszeit ziemlich seicht; dessen ungeachtet kann sie das ganze Jahr hindurch zum Flößen des stärksten Stammholzes vermittelst angelegter Wasserstuben, in welchen man das Wasser sammelt, benützt werden. Das Enzwasser ist immer klar und selbst nach starken Regengüssen nur etwas dunkler gefärbt; es setzt das ganze Thal entlang eine Menge Mahl- und Sägmühlen, und unterhalb Wildbad eine bedeutende Papiermühle (s. unten) in Bewegung.

Wegen der balsamischen Ausdünstungen der Nadelwaldungen und der rasch fließenden Enz, wie der vielen klaren Quellen, die keine stagnirende Sumpfluft aufkommen lassen, ist die Luft rein und gesund, obgleich sich nicht selten, namentlich bei anhaltendem Regenwetter starke Nebel einstellen, die aus den immer beschatteten Waldungen wolkenartig aufsteigen und öfters Tage lang an den Gehängen herumziehen. Die Winter sind meist strenge und lange andauernd, die Nächte auch im Sommer kühl, während den Tag über, besonders so lange die Sonnenstrahlen in das enge Thal Zutritt haben, nicht selten eine große Hitze herrscht, die jedoch durch den im Thale stattfindenden leichten Luftzug wieder gemildert wird. Im Allgemeinen ist die Witterung ziemlich unbeständig und das Klima den größeren Theil des Jahrs etwas rauh, was hauptsächlich von den hohen, den Ort umgebenden, bewaldeten Gebirgen herrührt, auf denen nicht selten der Schnee von der Mitte Novembers bis in die Mitte Mai’s liegen bleibt. Übrigens sind die klimatischen Verhältnisse der Gesundheit zuträglich, daher auch Epidemieen seit Menschengedenken nicht vorkamen; die häufigsten Krankheiten sind solche, die das schwere Arbeiten im kalten Wasser und das Trinken aus kalten Quellen mit sich bringen.


  1. Von den vielen bekannten Überschwemmungen, welche die Enz schon verursachte, ist die im Jahr 1824 die bedeutendste, wo die Hochfluthen derselben den in der Niederung gelegenen Theil der Stadt, und somit auch die Bäder, 6′ hoch unter Wasser setzte. Auch wurden 11 Brücken, 3 Steege und 2 Häuser weggerissen und überdieß viele Gebäude und Güter beschädigt.
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Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Neuenbürg. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAB_Neuenbuerg_236.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)