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44 III. 2. Stamm und Eigenschaften der Einwohner.


Nach einer 5jährigen Durchschnittsberechnung der Mittelgröße der Conscriptionspflichtigen (Württ. Jahrb. 1833 2. Heft S. 384 ff.) stellte sich für den Bezirk Böblingen die von 5’ 8,35“ (württ. Decimalmaß) heraus und derselbe erhielt in dieser Beziehung in der Reihe sämmtlicher Oberamtsbezirke die 28. Stelle. Unter 1000 Pflichtigen hatten 292 eine Größe von 6' und darüber (nur acht Oberämter haben mehr; der Durchschnitt sämmtlicher Oberamtsbezirke beträgt 237), dagegen erreichten 128 das Maß von 5' 5“ nicht (36 Bezirke haben mehr und der Durchschnitt des ganzen Landes ist 136). Was die Untüchtigkeit wegen körperlicher Gebrechen betrifft, so zeigte sich das Resultat ziemlich ungünstig, indem unter 1000 Pflichtigen 464 als untüchtig erkannt wurden, während nur 6 Oberämter in dieser Beziehung noch mehr hatten und der Durchschnitt sämmtlicher Oberamtsbezirke 388 beträgt; die Zahl der wegen allgemeiner Schwächlichkeit untüchtigen ist so ziemlich der Durchschnittszahl des ganzen Landes gleich, indem letztere 70 und die des Bezirks Böblingen 72 beträgt.

Die Nahrungsmittel der Einwohner bestehen gewöhnlich in Kartoffeln, Milch und Mehlspeisen; seltener ist der Genuß des Fleisches. Das Getränke ist Obstmost, Bier, Branntwein, seltener Wein.

Die vorherrschenden moralischen Eigenschaften sind neben einer gewissen Derbheit ein offener biederer Sinn, Fleiß, Betriebsamkeit und viel Religiosität, die sich übrigens nicht selten zur Frömmelei steigert. Die seit lange schon bestehenden Liederkränze in Böblingen, Sindelfingen, Schönaich und in anderen Orten zeugen von Sinn für das Schöne. Jedoch darf nicht verschwiegen werden, daß Rachsucht und Jähzorn einem großen Theil der Bewohner des Bezirks eigen sind, wodurch häufig Schlägereien, bei denen Körperletzungen vorkommen, entstehen.

Die Volkstracht weicht leider täglich mehr der städtischen, doch scheint sie in Orten, die von den Hauptverkehrswegen entfernter liegen und seltener in Berührung mit Auswärtigen und Städtern kommen, wenigstens etwas langsamer verschwinden zu wollen. Eine rühmliche Ausnahme macht Schönaich, wo sich die alte Tracht der Väter noch ziemlich rein erhalten hat; sie besteht bei den Männern in weißen Zwillichkitteln, Scharlachbrusttüchern mit Rollknöpfen, weißen Lederhosen mit grünen Hosenträgern, Laschenschuhen, an dem Hemd die runde oder herzförmige silberne Schnalle und nicht selten 2 Rollknöpfe an dem Hemdkragen; der dreieckige Hut ist bei den älteren, verheiratheten Männern allgemein, während die ledigen Bursche statt diesem die mit Pelz verbrämte Mütze tragen. Das weibliche Geschlecht trägt schwarze,


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen044.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)