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15. Schönaich. 203


wurde. Sie ist massiv aus weißen Keupersandsteinen ausgeführt, hat flache, schmucklose Wände mit spitzbogigen hohen Fenstern, deren Füllungen im Bogenfelde übrigens nur aus Holz sind. Das Chor mit Strebepfeilern und 4 Fenstern, die oben zwischen den gothischen Füllungen farbige Glasscheiben haben, schließt mit einem halben Sechseck. Das Innere der Kirche ist in einem eben so würdigen, einfach erhabenen Geschmack gehalten wie das Äußere, hell, geräumig und weiß getüncht. Zwei Emporkirchen mit bemalten Brüstungen ruhen über einander auf hölzernen runden Säulen, deren Capitäle blau und mit Gold verziert sind. Das blau getünchte Netzgewölbe des Chors ist mit goldenen Sternen besetzt und an den Kreuzungen der Gratbögen mit bemalten Schlußsteinen versehen. Canzel und Altar sind von Holz mit einfachen Verzierungen; auf letzterem steht ein sehr gut geschnittenes, lebensgroßes Holzbild des Gekreuzigten, welches im Jahre 1650 von dem damaligen Schulmeister Michael Röckhlen „zu mehrerer Zier der Kirchen“ gestiftet und von „Jacob Eberhardt Schwartz, Bildhawer in Stuetgard“ verfertigt wurde. Das Bild lag lange Zeit unbeachtet unter dem Dache der alten Kirche und wurde erst beim Neubau derselben aus seinem Verstecke hervorgeholt, um die Absicht des Stifters, die Kirche zu zieren, abermals zu erfüllen. Die neue wohltönende Orgel mit 21 Registern ist von Walker in Ludwigsburg im Jahre 1841 um 2800 fl. gefertigt worden. Der alte viereckige Thurm, welcher von der früheren Kirche noch stehen blieb, ist massiv von Quadern und hat von unten herauf nur schmale Lichtlöcher (Schußscharten), im obern Stockwerke aber hohe, spitzbogige, gothisch gefüllte Fenster. Auf ihm sitzt ein einfaches Satteldach mit staffelförmigen Giebelseiten. In dem Thurme hängen 2 Glocken; die größere trägt die Inschrift: „gegossen Heinrich Kurz in Stuttgart 1829“, die kleinere hat die Umschrift: „Christian Neubert hat mich gegossen in Ludwigsburg 1762.“ Die Baulast der Kirche steht der Stiftungspflege zu, bei größeren Bauwesen aber tritt die Gemeinde in’s Mittel. Der Neubau der Kirche kostete die Gemeinde, ohne den Ankauf eines zur Vergrößerung des Platzes nöthigen Hauses und Gärtchens, über 18.000 fl. Die frühere, dem heiligen Laurentius geweihte Kirche war sehr alt und hatte in ihrem Innern mehrere Grabdenkmale, deren Umschriften, mit Ausnahme einer, nicht mehr gelesen werden konnten. Sie lautete: „Her Oswald Jäger Frühmesser zu Schönaich dem Gott Gnad und Fried verleihen wolle starb am Tag Martii anno 1484.“ An einem alten Kirchenstuhle zeigte man noch einen verbrannten Balken, an dem, nach der Volkssage, die Schweden im 30jährigen Kriege ein Schwein gebraten haben sollen. An der nördlichen Außenseite der


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Beschreibung des Oberamts Böblingen, Stuttgart und Tübingen 1850, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABoeblingen203.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)