Seite:OAEßlingen 102.png

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Auf soliderem Grunde scheint der Thurm zu stehen. Das Innere ist schmucklos; nur das schöne Gewölbe mit den zierlichen Säulen und einige gute Glasmalereien der Chorfenster sind sehenswerth. Der Hochaltar hat nichts Ausgezeichnetes. Außer diesem Altar findet man in Urkunden nicht weniger als 17 Altarpfründen genannt, ohne daß, wie es scheint, eben so viele wirkliche Altäre vorhanden gewesen wären. Nach der Reformation hatte die Kirche keinen eigenen Geistlichen mehr, bis sie, wie oben gesagt, dem katholischen Cultus eingeräumt wurde. Von einer Collecte in der Gemeinde wurde 1834 ein sogenannter Kreuzaltar unter dem Chorbogen errichtet, da der Choraltar seiner Entfernung vom Schiff der Kirche wegen gar nicht mehr gebraucht wird. Unter dem Boden in der nordwestlichen Ecke befand sich ein Brunnquell, dem man ehemals Wunderkräfte zugeschrieben haben soll, der aber jetzt versiegt ist. Die Stiftungspflege, als Eigenthümerin, veranstaltete 1835–38 und noch ganz neuerlich namhafte Reparaturen im Innern und Äußern der Kirche.

Die St. Paulskirche (sogenannte Neue Kirche) am westlichen Ende des Spitalplatzes und der Mettinger Thorstraße, war die Kirche des Predigerklosters, 1268 vollendet, 1462 erneuert, ehemals eine ansehnliche Kirche mit 8 Altären. Nach der Reformation wurde sie ganz vernachlässigt, und 1552 ihrer beiden Thürme beraubt. Schon war sie ihrem Einsturz nahe, als 1664 den Magistrat die Besorgniß anwandelte, die Katholiken, die aus allen Kirchen und Kapellen verdrängt worden waren, möchten dieser Mauern sich bemächtigen. Schnell ward eine Collecte zu Stande gebracht, und schon 1665 die restaurirte Kirche, nunmehr neue Kirche genannt, eingeweiht. Sie wurde zu regelmäßigem Gottesdienste gebraucht bis 1804. Darauf diente sie als Magazin, als Zimmerwerkstätte, 1828–32 als Lokal für die Liederfeste. 1830 aber wurde sie unentgeldlich an die Stadt abgetreten, welche sie zu einer Kelter einrichten ließ.

Die Franziscaner oder Barfüßer Kirche zu St. Georg (die hintere, früher auch untere Kirche genannt) in der Mitte der eigentlichen Stadt, wurde 1486 und folgende Jahre erbaut. Die Reformation verschonte diese Klosterkirche, welche dem evangelischen Gottesdienste (mit einer kurzen Unterbrechung 1795 und 1797, wo Magazine in dieselbe verlegt wurden) bis zum Jahre 1840 diente. Auf den Rath der Techniker, welche sie für baufällig erklärten, wurde sie bis auf den hohen Chor abgebrochen, der jetzt als großartige Ruine dasteht. Das 135′ lange, 75′ breite und 80′ hohe Schiff hatte 14 runde, schlanke Säulen. Der gewölbte Chor ist 93′ lang und 30′ breit. Die Kirche war sehr reich an Denkmälern.

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Eßlingen. Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1845, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAE%C3%9Flingen_102.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)