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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn

Markgraf Hermann von Baden zur Ausgleichung von manchen Beschädigungen, die das Stift Backnang in seinen Fehden erlitten hatte, diesem Stift die Kirche in Lendsiedel mit allen Rechten an Zehenten, Äckern, Wiesen, fließenden Gewässern, Feldern und Wäldern überlassen wurde (Orig.-Urk. in hohenloheschem Besitz). Wie die von den sonstigen Besitzungen des Markgrafen weit entfernte Kirche an ihn gekommen war, ist nicht bekannt. Das Stift Backnang, welchem Papst Innocenz IV. am 11. April 1245 diese St. Pankratiuskirche bestätigte, trat während der Regierung Graf Eberhards II. von Württemberg (1344–1392) diesem Grafen die Kirche von Lendsiedel für die dem Kloster besser gelegene Kirche in Neckarweihingen ab, von Württemberg kam sie mit ihren Eingehörungen zugleich mit Leofels an die Herren von Vellberg, 1409 in widerruflichem, 1468 in unwiderruflichem Kauf, von diesen aber an Hohenlohe, und zwar 1563 die Hälfte, 1615 ein Viertel und 1616 das letzte Viertel (s. Leofels). Die Reformation wurde 1534 eingeführt.[1]

Im J. 1459 verkaufte Adam von Kirchberg den 3 Städten Hall, Rothenburg und Dinkelsbühl Güter, Gülten etc. in Lendsiedel. Wegen der weiteren politischen Schicksale des Ortes ist Kirchberg und Leofels zu vergleichen.

Im J. 1732 waren 5 rothenburgische, 66 hohenlohe-kirchberg- und 2 Kastenamt-werdeckische Unterthanen hier; Kirchberg stand die Gemeindeherrschaft, der Kirchweihschutz, die Vogtei und hochfraischliche hohe Obrigkeit inner Etters zu, ausgenommen hievon waren nur die werdeckschen Unterthanen, welche mit der vogteilichen und hohen Obrigkeit und der Wirth, welcher mit dem Umgeld nach Werdeck gehörten. Die hochfraischlich hohe Obrigkeit außer Dorf-Etters aber war (von Hohenlohe nicht anerkannt) zum Amt Lobenhausen gehörig. Außerdem hatte Brandenburg hier eine Zollstätte, bis es 1771 dieselbe mit den Zollgefällen an Hohenlohe-Kirchberg abtrat. Die bemerkten 3 Unterthanen und sonstigen Rechte überließ die genannte Herrschaft 1797 und die rothenburgischen Unterthanen


  1. An dem ersten evangelischen Pfarrer wurde hier eine schändliche Grausamkeit ausgeübt. Im Jahr 1534 hat nämlich Hieronymus von Vellberg den Pfarrer von hier, M. Wilhelm Wolf, welchem er auf dem Weg nach Lobenhausen zur Nachkirchweih begegnete, mit Hülfe seines Knechts in das Gaisholz geschleppt und ihm dort die Testikel ausgeschnitten, „weil er im Bauernkrieg aus Furcht soll angegeben haben, daß zu Lendsiedel in der Kirche und im Pfarrhaus etliche Wappen ausgetilgt worden seyn.“ Dieß gab, da Georg von Vellberg sich des Mißhandelten annahm, einen sehr bekannt gewordenen Proceß, der übrigens ohne günstigen Erfolg für den Pfarrer endigte.
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Christian Ludwig Fromm: Beschreibung des Oberamts Gerabronn. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAGerabronn0273.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)