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B. Vormalige Leibeigenschafts- und Lehen-Wesen.

In dem früheren Amte Leonberg war die Leibeigenschaft Regel; in vielen Orten machte die Luft leibeigen; ein altes Lagerbuch stellte ausdrücklich als Norm den Grundsatz auf: die abgestorbenen Manns- und Frawen-Personen, so frei vnd keine nachuolgende Leibsherrn gehabt, werden gehalten, als ob sie der Herrschaft Württemberg leibeigen gewesen wären. Das Hauptrecht war beim Mann ein Gulden vom Hundert Pfund, beim Weib die Hälfte. Leibhennen wurden häufig gereicht, Mannssteuern kamen seltener vor.

Übrigens fand die Gesetzgebung vom Jahr 1817, welche die Leibeigenschaft vollends aufhob und die Lehen für ablösbar erklärte, in unserem Bezirke keine Fall-, wohl aber in den meisten Orten Erb-Lehengüter mit Laudemien belastet vor, welche nun sämmtlich abgelöst sind.


C. Grundlasten und ähnliche Leistungen.

Kellereisteuern, oder jährliche unablösliche Steuern lasteten beinahe auf allen Orten des Bezirks; Vogt-Korn oder jährliche Speisung kam seltener vor, auch Küchengefälle waren nicht in allen Gemeinden zu leisten, sie bestanden hier gewöhnlich in jungen und alten Hühnern, seltener in Gänsen; Öl und Eier kommen nur in Merklingen vor, Salz nur in Leonberg, „wegen der Jahrmarktsverwilligung“; Frohnen wurden in früheren Zeiten allenthalben geleistet, so waren z. B. die Inwohner des älteren Amtes Leonberg sämmtlich verpflichtet, die herrschaftlichen Wiesen zu Leonberg zu mähen und das Heu und Öhmd beizuführen. Die Einwohner von Friolzheim hatten von den Orten Eberdingen und Nußdorf jährlich 40 Eimer Wein nach Hirschau zu führen. Die Einwohner von Merklingen waren von Alters her schuldig, des Klosters Herrenalb eigen Äcker, gegen Reichung ziemlichen Essens und Trinkens, in der Frohne zu bauen; die Einwohner von Hausen, Heimsheim und Perouse waren lagerbüchlich sogar zu ungemessenen Frohnen verpflichtet, u. s. w.

Sowohl die Frohnen, als die älteren steuerartigen Abgaben, sind in Folge der Gesetze von 1836 durchaus beseitigt, und auch die eigentlichen Grundlasten an Zinsen und Gülten sind von den Pflichtigen meistens abgelöst worden, so daß dermalen aus Zinsgütern Geld und Fruchtgefälle nur noch in Höfingen, Flacht, Friolzheim, Hausen und Perouse zu reichen sind, wegen welcher noch eine cameralamtliche Fruchkastenverwaltung zu Leonberg besteht.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 058. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_058.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)