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körperlichen Eid abzulegen, wohl aber ist jedes Mitglied verbunden, auf Verlangen der Obrigkeit die Wahrheit durch Handgelübde zu bestätigen, was in jeder Hinsicht, besonders auch in Ansehung des Meineides, die Wirkung eines förmlich abgelegten Eides haben soll.

XVIII. In Beziehung auf die eigene Vermögensverwaltung, die Befugniß eine Profession oder anderes Gewerbe zu treiben, und den Ankauf liegender Güter und Häuser sind die Gemeinde-Mitglieder nicht weiter beschränkt, als die übrigen Landes-Einwohner.

Es wird denselben überdieß gestattet, innerhalb des Bezirkes ihrer Gemeinde durch zünftige Gewerbe, Handlung und Krämerei ihre Nahrung zu gewinnen, ohne an die Zunft-Ordnung gebunden zu seyn.

XIX. Alles, was nur einen Schein von Gemeinschaft der Güter hat, ist sorgfältig zu vermeiden.

Jeder Einwohner ist schuldig, durch eigene Arbeit und Fleiß sich und seiner Familie den Unterhalt zu verschaffen, und es soll kein Müßigganger geduldet werden.

XX. Für Mitglieder, welche wegen Alters oder Kränklichkeit oder aus andern Ursachen sich nicht selbst fortbringen können, hat die Gemeinde so zu sorgen, daß sie ihren nothdürftigen Unterhalt finden.

Besonders ist es ihre Pflicht, für die Berathung und gute Erziehung vater- und mutterloser Waisen Sorge zu tragen, und dieselben zur Erlernung nützlicher Wissenschaften, Professionen und Arbeiten anzuhalten.

XXI. Den Gemeinde-Mitgliedern wird zur Pflicht gemacht, ohne Vorwissen und Billigung des weltlichen Gemeindevorstehers und des Gemeinderaths zu keiner Geld-Aufnahme zu schreiten.

In Hinsicht auf die bei solchen Geld-Aufnahmen eintretenden Rechtsverhältnisse verbleibt es jedoch bei den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen.

XXII. Wenn unter den Einwohnern der Gemeinde Mißverständnisse sich ereignen, und Einer von dem Andern beleidigt, oder sonst in seinen Rechten gekränkt zu seyn glaubt, so ist, im Falle sie sich nicht gütlich vereinigen konnten, Jedem unbenommen, nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften sich an die obrigkeitlichen Behörden zu wenden.


B. Kirchliche Verfassung der Gemeinde.

XXIII. Es wird der neuen Gemeinde gestattet, nach Maßgabe des von dem Bürgermeister Hoffmann in Leonberg in ihrem Namen übergebenen Glaubens-Bekenntnisses und der weiter beigefügten Erklärungen vom 18. April und 4. Mai 1818, eine eigene Kirchen-Ordnung, Disciplin, Liturgie und Ceremonien, jedoch nur nach zuvor nachgesuchter und erhaltener landesherrlicher Bestätigung derselben, einzuführen.

XXIV. Die Gemeinde hat die Befugniß, ihre Lehrer und Prediger, auch Schuldiener selbst zu berufen und anzustellen; sie ist jedoch verbunden, dieselben zuvor zu einer Prüfung zu stellen, welche durch eine von dem K. Ministerium des Kirchen- und Schulwesens zu bestimmende Commission nach dem reinen lutherischen Dogma und nach den besonderen Verhältnissen der Gemeinde vorzunehmen ist.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_183.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)