Seite:OALeonberg 270.png

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besteht aus 1) dem Schaf- oder Drittelhof, 2) dem Frühmeßhof (eine Nikolai-Kapelle wird vom Jahr 1420 bis 1543 erwähnt), 3) einem Theil des Widumhofs von Weil dem Dorf, 4) einzelnen eigenen Grundstücken.

Der Drittelhof war zu Anfang des 15. Jahrhunderts im Besitz der von Gültlingen; Wilhelm und Balthasar von Gültlingen verkauften ihn für 660 fl. am 20. September 1434 an die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg. Er wurde 1462 von Graf Eberhard als Schafhof zu Bauernlehen gegeben mit der Verpflichtung, den dritten Theil der wachsenden Früchte an den herrschaftlichen Kasten in Leonberg abzuliefern. Vermuthlich im Bauernkrieg wurde dieser Hof getheilt und von Herzog Christoph im Jahr 1555 hiezu nachträglich Erlaubniß ertheilt; hiedurch entstund der obere und untere Hof, wovon der obere wiederholt getheilt, der untere aber 1704 mit dem Frühmeßhof verbunden wurde. Im Jahr 1793 kam der untere Hof nach vielem Besitzwechsel an die Notter’sche Familie von Calw, im Jahr 1840 an Finanzrath Märklin in Stuttgart.

Die lehenbare Eigenschaft des obern und untern Hofes wurde 1822 durch Ablösung aufgehoben und dabei auch das Schafweiderecht von fast allen Gemeinden abgelöst.

Der Fasanenhof war ursprünglich Theil des Gültlingen’schen Hofes.

2) Der Fasanengarten liegt 1/4 Stunde westlich von dem Dorf Weil und besteht aus dem 1096/8 Morgen 40,7 R. großen, mit einem Bretterzaun umfriedigten Wald Herdle; er ist theils mit Feldern, theils mit Weinbergen umgeben und nimmt einen Flachrücken ein, welcher sich gegen Norden, Süden und Westen sanft abdacht. Der zur Fasanenzucht hergerichtete Wald ist Staatseigentum und gehört zur Ausstattung der Civilliste des Königs; die Fasanerie steht unter der Verwaltung des Hofjägermeisteramts. Auf dem höchsten Punkte und ziemlich in der Mitte des Waldes befindet sich die zweistockige Wohnung des Fasaneriemeisters, ein einfaches, in einem ansprechenden Styl gehaltenes, massives Gebäude, in dessen unteren Räumen ein Absteigzimmer für den Hof eingerichtet ist. Rückwärts des Wohnhauses auf der nordwestlichen Seite steht die Scheune und an die östliche Seite desselben ist die Brutstube angebaut; an diese lehnt sich die aus Holz erbaute Aufzughütte, von der man in den sog. Auslauf gelangt, welcher gegen einen umfriedigten Rasenplatz offen ist. Dem Wohnhause gegenüber steht auf einem freien Raume ein zwölfseitiger Pavillon, dessen Äußeres und Inneres sehr freundlich – jedoch ohne alle Verschwendung ausgestattet ist. Von dem Pavillon gehen nach allen Seiten Richtstätten aus, welche schnurgerade bis an den Zaun der Fasanerie hinziehen; mehrere von diesen sind auf nahe gelegene Ortschaften und Punkte, wie nach der Solitude, dem Bergheimer Hof, nach

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Leonberg. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OALeonberg_270.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)