Seite:OAMaulbronn0168.jpg

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Das Schulhaus, früher die Behausung des Hof- und Weingartmeisters, worauf auch die an der nordwestlichen Ecke angebrachte Traube hinweist, steht zunächst der Kirche an der südlichen Klostermauer und enthält außer den zwei Lehrzimmern noch die Wohnung des Schulmeisters und des Lehrgehilfen. Eigenthum der Gemeinde.

Zunächst (westlich) an dem Schulhause erhebt sich, ebenfalls an der südlichen Klostermauer, der Fruchtkasten mit Kelter und einem sehr ausgedehnten Keller, ganz aus Stein erbaut mit uraltem Unterbau, der noch schmale, gedoppelte, meist zugemauerte Spitzbogenfensterchen aus der Übergangsperiode enthält. An der Südwand steht über einem der geradgestürzten oberen Fenster: Mathias Bliderheiser Verwalter 1580; die gleiche Jahrszahl kommt noch zweimal an dem Gebäude vor und verräth die Zeit, in welcher dieser großartige, aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts stammende Bau eine bedeutende Veränderung erlitten hat. Über einem später an der Nordwand eingebrochenen Eingang steht 1786. Das Gebäude ist Eigenthum des Staats.

Westlich von dem Fruchtkasten gelangen wir endlich an das ursprüngliche Abtsgebäude (nach anderen die ehemalige Küfermeisterei) jetzt Privatwohnung; das hübsche Gebäude wurde an der Nordseite modernisirt, während sich die östliche Giebelseite mit ihrem spitzbogigen Eingang und ihren spitzbogigen Fenstern noch ziemlich unverdorben erhalten hat; auch die westliche Giebelwand enthält noch zwei Spitzbogenfenster. Von diesem Gebäude kann man noch auf den Umgang der südlichen Klostermauer, an die es hingebaut ist, gelangen.

Außer den angeführten Gebäuden sind innerhalb der Klostermauer noch einige Privatwohnungen und kleinere Nebengebäude.[1]

Der ganze Gebäudecomplex nebst sehr ausgedehntem Klosterhof und einigen Gartenanlagen ist von einer starken Mauer, die einen sog. Umlauf hatte, und einem tiefen, ausgemauerten Graben, an dessen Außenseite eine zweite (jetzt abgebrochene) Mauer lief, umfangen; der Graben konnte mittelst Schwellung der Salzach ganz unter Wasser gesetzt werden. An der inneren Klostermauer standen zur weiteren Befestigung Thürme, von denen sich außer dem schon angeführten Thorthurm noch folgende erhalten haben: 1) Der südöstliche Eckthurm der Klostermauer, welcher 1604 in einen Lustthurm verwandelt wurde und gewöhnlich der Faustthurm genannt wird, weil auch hier nach der Volkssage Dr. Faust sein Wesen getrieben haben soll; ursprünglich war er ein viereckiger Vertheidigungsthurm, zu dem man auf dem Umgang der Klostermauer gelangen konnte. Laut Inschrift


  1. Der dem Staat gehörige, außerhalb (westlich) der Klostermauer stehende Gefängnißbau wurde 1862 im neuen modernen Stil aus Stein gebaut.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0168.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)