Seite:OAMaulbronn0254.jpg

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durch Übertünchung leider unleserlich gewordene Inschrift eingemauert: Hans ..... Berts Sun. Auf dem dreistockigen, oben achteckig werdenden Thurm hängen drei Glocken, gegossen von Neubert in Ludwigsburg 1777. Die Unterhaltung der Kirche ruht auf der Gemeinde.

Die Liebfrauenkirche (Gottesackerkirche) liegt erhöht 1/8 Stunde südlich vom Orte auf dem mit Bäumen und hübschen Grabmälern besetzten, ummauerten Friedhof; dunkler Epheu übergrünt ihren hohen, von schöngefüllten Spitzbogenfenstern und schlanken Strebepfeilern belebten Chor, das Schiff ist niedriger, hat ebenfalls gefüllte Spitzbogenfenster und zwei hübsche Portale, eines gegen Westen und eines gegen Norden, über letzterem steht 1476. Die Maßwerke der Fenster haben meist Fischblasen, und zwar in sehr eleganten Formen. Das Gebäude gibt noch ganz ein Bild von der schönen Weise der alten Zeit. Außen blieb es bis heute unberührt, von weißer Tünche verschont, und seine edle gelbliche Steinfarbe stimmt nun so ganz zu den schönen Farben der Natur; aber auch innen erhielt sich zum großen Glücke noch die ursprüngliche Bemalung und Eindeckung. Das Schiff wird von einer gothischen Holzdecke im Tonnengewölb übersprengt, deren Balken gar schön in flacher Arbeit geschnitzt sind; da schlingen sich Drachen und anderes Gethier, Fratzen, Masken und Pflanzenzierden jeder Art in kecken und reizenden Linien, zum Theile noch bemalt mit den alten ungebrochenen Farben. Oben in der Mitte der Decke steht:

O Maria ein muter der barmhertzikayt
Behüt uns vor allem Herzenlayt
Und an unserm letzsten ausgang
Thu uns um deiner gna ein bystant
Wider lutzifer und wider die besen find
Und behüt uns vor der helle pin.
Und behüt uns1482.

Der Chor wird von sehr schönen Rippenkreuzgewölben überspannt, die trefflich bemalt sind mit gothischem Geranke; auf den Schlußsteinen erblickt man: Maria mit dem Kinde, S. Anna, S. Margaretha, Jakobus d. Ä., einen Franciskanermönch, ein Buch mit 5 Kreisen haltend, und einen Bischof, ein Kirchenmodell tragend, dann das Zeichen des Baumeisters; ferner sind noch 4 Schildchen am Gewölb angebracht, auf einem davon steht: Jacob windofen schultheiß, mit dessen Wappen, auf einem andern das Maulbronner Wappen und die Inschrift: der Erwirdig her vogt zu mulbron. Ferner ist im Chor noch bemerkenswerth ein schönes, gothisches, hölzernes Krucifix, ein kleines steinernes Sacramenthäuschen mit der Jahreszahl 1481 und eine arg verstümmelte in Holz geschnitzte Pietà (Maria mit dem Leichnam Christi). Unten in der Leibung des Triumphbogens steht rechts

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0254.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)