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wieder schön zusammenhängende ist. Die Kirche selbst hat ein kaum vortretendes Querschiff, dessen Fronten von einem prächtigen Doppelfenster mit einer Rose darüber durchbrochen werden; hübsche Portale öffnen sich an den Querschiff-Fronten und eines an der Westseite. Am Langschiffe laufen zwei Reihen von Spitzbogenfenstern übereinander her, die oberen größeren mit geschmackvollen Maßwerken erfüllt; die Ecken sind mit Spitzsäulen, die Giebel mit schönen Steinblumen geschmückt. Das Innere überrascht durch die hübsche und gefällige Art, womit der ganze Raum belebt und gegliedert ist: schlanke Holzpfeiler theilen die Kirche in drei Schiffe und tragen auf Spitzbögen, welche lang- und querhin von Pfeilern ausgehen, die drei flachgeneigten Dachstühle; die großen Zwickel zwischen den Bögen und den Decken sind mit zierlichem gothischem Maßwerk erfüllt. Auch die passend angebrachten Emporen haben schön durchbrochene Geländer. Gestühl, Orgel, Kanzel, Taufstein und Altar wurden stilgemäß behandelt. Das untere Geschoß des Thurms, welches den Chor vertritt, wird von einem Rippenkreuzgewölbe überspannt. Das Balkenwerk der Kirche ist braun gehalten und dazwischen ziehen sich in altgothischer Weise bunt gemalte Blumenranken hin. Im großen östlichen Maßwerksfenster des Thurmes prangt ein schönes Glasgemälde, Christus mit der Rechten segnend, das Evangelium in der andern Hand, gemalt von C. Wilhelm 1865. Die drei hübsch verzierten Glocken, gegossen von Carl Knittel in Canstatt 1864, haben folgende Umschriften:

Eusebia.
Ehrfurcht vor dem Unsichtbaren

Zittre durch der Hörer Schaaren
Stets mit deinem Klang, dem vollen,
Mächtig wie des Donners Rollen.

Urania.
Singend ob dem Staub der Grüfte,

Hoch im Reich der Himmelslüfte,
Weck’ in Thränen unter Trauer
Neuen Lebens Wonne-Schauer.

Concordia.
So zusammen herrlich halle

Euer Laut, ihr Glocken alle,
Nachhall jener Harmonieen,
Die durchs Weltall ewig ziehen.

Die Kirche ist von der Gemeinde zu unterhalten; sie wurde auch von derselben mit einem Kostenaufwand von 30–32.000 fl. erbaut, wobei jedoch der reformirte Kirchen-Baufonds 14.000 fl. beisteuerte. Der zu verschiedenen Malen vergrößerte Friedhof liegt, wie schon bemerkt, um die Kirche; das Filial Bärenthal hat seit 1852

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Maulbronn. H. Lindemann, Stuttgart 1870, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMaulbronn0301.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)