durch das, vermöge der geschützten Lage merklich mildere Klima. Um das Emporbringen der ersteren hat sich die Gemeindeverwaltung schon in früherer Zeit, besonders aber der verstorbene Schultheiß Eberhard (oben S. 59) verdient gemacht. Außer den übrigen, gemeineren und edleren Obstsorten, die in Menge gezogen und theils grün verkauft, theils gemostet und gedörrt werden, sind es besonders die Kirschen, wegen welcher Linsenhofen mit Recht eine gewisse Berühmtheit erlangt hat. Es ist zum Verwundern, zu welcher Größe und Ergiebigkeit hier die Kirschbäume gedeihen; es gibt welche, von denen 12–15 Centner Kirschen gewonnen werden. Man zählt gegen 20 verschiedene Sorten, von denen einige ganz besonders geistreich sind und den wohlbekannten Linsenhofer Kirschengeist geben, der in die Nähe und Ferne, sogar bisweilen nach Amerika, versendet wird. Die Kirschensteine werden gewaschen, getrocknet und dann in der Mühle gestoßen; die Kerne geben ein gutes Brennöl und die Hülsen ein sehr brauchbares Brennmaterial für die Backöfen. Auch gedörrt werden viele Kirschen, und mit Kirschensaft zum Färben der Weine ein nicht unbedeutender Handel getrieben. Am wichtigsten aber ist der Verkauf der frischen Kirschen an oberschwäbische, auch bayrische Händler. Einige Wochen hindurch, so lange die Kirschenzeit dauert, besteht hier ein förmlicher Kirschenmarkt, und gehen fast täglich 3, 4, 5 Wagen ab, in welchen schichtenweise ein Korb mit 40–50 Pfund an dem andern steht. Im Jahr 1844, wo Linsenhofen gegen andere Orte hierin gesegnet war, wurde der Centner mit 6 fl. 40 kr. bezahlt. Auf diese Art hat in guten Jahren der Kirschenertrag schon 16–18.000 fl abgeworfen. – Der hiesige Wein wird für den vorzüglichsten an der Alptraufe gehalten; wenigstens gilt dieß unzweifelhaft von einer nordöstlich vom Ort gelegenen Halde, der Sand genannt.
Z’ Linsenhofen uffem Sand
Wachst der best im Oberland.
sagt das Sprüchwort, und man muß ihm Recht geben, wenn auch die eigenliebige Lokal-Variante: „im ganzen Land“ zu viel sagt. Auch hier sind Silvaner und Elbling die vorherrschenden Sorten. Der Wein ist mild, angenehm, und am meisten dem Schnaither (Remsthaler) ähnlich, für welchen er nicht selten von den Wirthen ausgegeben wird. Der Gesammtertrag der hiesigen Weinberge kann sich in guten Jahren auf 600 Eimer und darüber belaufen. Bezahlt wurden in den letzten 6 Jahren 12–44 fl. per Eimer. Der Absatz geht in die benachbarten Städte bis Tübingen, auf die Alp und über diese hinüber in die Gegend von Ehingen. Ein Morgen in
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_174.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)