Seite:OANürtingen 182.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

erhaltenen gothischen Kirchen der Gegend, wiewohl die Symmetrie der Südseite des Langhauses durch das Durchbrechen neuer Fensteröffnungen gelitten hat. Der Thurm, auf welchem eine große sehr wohllautende Glocke, trägt die Jahrzahl 1518; die Kirche selbst aber ist wohl aus etwas früherer Zeit. Die Baulast trägt der Heilige, und für ihn subsidiär die Gemeinde. Vor der Reformation bestand eine Frühmeß- und Caplanei-Pfründe zu U. L. Frauen-Altar. Eine weitere Caplaneistiftung (1458 von Wolfgang Schilling und der Gemeinde gemacht) war mit einer unten im Dorf am Neckar befindlich gewesenen, jetzt verschwundenen Capelle verbunden. Der Begräbnißplatz umgibt die Kirche, bedarf aber einer Erweiterung. Das Pfarrhaus ist 1632 erbaut, 1838 aber sehr verbessert worden und wird vom Staat unterhalten; dabei sind artige Gartenanlagen. Das Schulhaus hat die Gemeinde 1830 neu aufgeführt; ein Lehrer und ein Lehrgehülfe versehen die Schule; eine Industrieschule ist seit einigen Jahren in Thätigkeit. Das Rathhaus ist schon 1680 erbaut worden. Ein Gemeindeback- und Waschhaus besteht seit einiger Zeit, und erweist sich als eine zweckmäßige Einrichtung. Quellwasser ist in hinlänglicher Menge, gleichwohl kein öffentlicher Brunnen vorhanden. Über den Neckar führt eine hölzerne Brücke mit steinernen Pfeilern; es wird Brückengeld erhoben.

Jenseits der Brücke bei der Mühle unter dem steilen Thalabhang steht die Neckarburg (früher Burg zur Mühle), jetzt Eigenthum zweier Bauern, in ihrer gegenwärtigen Gestalt ein stattliches Bauernhaus, das namentlich in seiner steinernen Wendeltreppe noch einen Überrest des alten Burgbaus bewahrt. Grabsteine mehrerer Glieder der adligen Familie der Spengler „von und zu Neckarburg,“ die lange hier saßen, befinden sich im Chor der Kirche in Neckar-Tenzlingen von den Jahren 1550–1614.

Neckar-Tenzlingen kommt, und zwar als Tuntzlingen, am frühesten um 1100 vor im Hirschauer Dotationsbuch (Cod. Hirsaug. S. 36, 47 ed. Stuttg.). Hier schenkten um dieselbe Zeit diesem Kloster zwei Huben Diemo von Sachsenheim und seine Söhne Hugo und Gerlach (ib. 39); Adelbert von Tenzlingen und sein Sohn Bernger erscheinen, nicht viel später, unter den Wohlthätern des gleichen Klosters (ib. 58). Im Jahr 1295, März 24., verglich sich Kloster Hirschau mit Ludewicus et Ulricus fratres dicti de Mollendino nominati de Rieht (s. hienach) wegen der Besitzungen in Neckar-Tenzlingen, der Mühle u. s. w. (Arch.-Urk.). Noch im Jahr 1500 erscheint das genannte Kloster im Besitze hiesiger Güter; im Jahr 1468, Okt. 10., hatte solches an Graf Ulrich von Württemberg die hiesige Mühle, genannt die Ermsmühle, mit Zugehörungen

Empfohlene Zitierweise:
August Friedrich Pauly: Beschreibung des Oberamts Nürtingen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAN%C3%BCrtingen_182.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)