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Dietingen,


Gemeinde III. Klasse mit 694 Einwohnern, worunter 15 Evangelische. a. Dietingen, Pfarrdorf, 663 Einwohner; b. Hohenstein, Hof, 23 Einwohner; c. Thierstein, Hof, 8 Einwohner. Kath. Pfarrei; die Evangelischen sind nach Rottweil eingepfarrt. 5/4 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Wo das ziemlich breite wiesenreiche Wettebachthal aus der Keuperterrasse in das hügelige Vorland derselben tritt und sich das Thal zu verengen beginnt, liegt uneben und unregelmäßig hingebaut der ziemlich große Ort, durch dessen südlichen Theil der Wettebach fließt. Die Lage des Dorfs ist freundlich und durch vorliegende Hügel gegen rauhe Nordwinde geschützt, dagegen hat der Ostwind das Wettebachthal herab freien Zutritt und auch gegen Westen ist der Ort schutzlos. Der Ort besteht aus vielen größeren Bauernhöfen, die zwischen mittelgroßen Bauernwohnungen liegen; die Gebäude sind durchaus getüncht, mit Ziegeln gedeckt und häufig steht Wohnhaus und Scheune unter einem Dach; an ihnen sind zuweilen sinnige Reime angeschrieben, wie z. B.

„O Mensch bekümmere dich nicht ob so vielen Sorgen,
Wer weiß, wenn es kommt, heut oder morgen,“ 1820.

Die nächste Umgebung des Orts ist etwas kahl, weil die Obstbaumgärten beinahe gänzlich fehlen und sich nur in den Ort selbst vereinzelte Waldbäume eingedrängt haben. Im allgemeinen hat das Dorf einen ganz anderen Charakter als die Orte, welche auf der linken Seite des Neckarthales und näher dem Saume des Schwarzwalds liegen.

Die im Jahre 1838 auf Kosten der Stiftung Rottweil neu erbaute, dem hl. Nikolaus geweihte Kirche liegt so ziemlich in der Mitte des Dorfes und bietet mit ihren langen Rundbogenfenstern außen nichts bemerkenswerthes, dagegen besitzt ihr sehr freundlich gemaltes und aufgeschmücktes Inneres mancherlei Kunstwerke aus alter und neuer Zeit. Im Schiffe sieht man an der Südseite eine sehr schöne gothische Pieta und ein schönes modernes Ölgemälde, Petrus im Kerker; an der Emporenbrüstung sind die zwölf Apostel gemalt, und zu Seiten des Triumphbogens Christus und Gott Vater al fresco. Die schön gefaßte, im Jahre 1839 gefertigte Orgel trägt zwei posaunenblasende Engel. Im Chore sieht man an der Nordwand zwei sehr tüchtige altdeutsche Bilder auf Goldgrund; das eine stellt vor die Anbetung des Kindes durch Maria, das andere die

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Rottweil. H. Lindemann, Stuttgart 1875, Seite 371. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OARottweil0371.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)