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Schörzingen,
Gemeinde II. Kl. mit 732 Einw., wor. 1 Ev. a. Schörzingen, Pfarrdorf, 720 Einw., b. Mühle, Haus, 5 Einw., c. Neuhaus, Haus, 7 Einw. – Kath. Pfarrei; die Ev. sind nach Erzingen, O.-A. Balingen, eingepfarrt. 3 Stunden nördlich von der Oberamtsstadt gelegen.

Am Fuße des Wochenbergs, der den nordwestlichsten Ausläufer des Heubergs bildet, hat, geschützt gegen Nordostwinde, der große, unregelmäßig und gedrängt angelegte Ort eine freundliche, jedoch etwas unebene Lage. Das Dorf besteht meist aus mittelgroßen Häusern, unter die sich einzelne ansehnliche Bauernwohnungen mengen; sie sind größtentheils getüncht und durchaus mit Ziegelplatten gedeckt. Die Ortsstraßen sind in gutem Zustande und Vicinalstraßen bestehen vom Ort nach Weilen u. d. R. und nach der die Markung berührenden Schömberg-Rottweiler Landstraße.

Die dem h. Gallus geweihte Kirche liegt hoch im östlichen Theil des Dorfes, auf einem freien Platz bei schöner Linde, wurde nach dem Jahr 1727, in welchem sie samt der Pfarrscheune durch Brand bis auf die Grundmauern verwüstet ward, wieder erbaut und hat innen eine prachtvolle und ganz vollständige Ausstattung an Altären, Kanzel, Orgel, Beicht- und Chorstühlen im spätesten Renaissancegeschmack. Alles farbig und reich vergoldet. Die Decken, im Schiffe flach, im Chor mit Gratgewölben, sind mit unschönen Gemälden versehen. Der mit Säulen umstellte riesige Hochaltar zeigt als Hauptgemälde die Krönung Mariä, auch stehen auf ihm zwei (gothische) lichtertragende Engelchen. Am rechten Seitenaltar sieht man ein hübsches betendes Madonnenbild, eine Arbeit des J. G. Hauschel, Wagner von hier, Sohn des Müllers allhier. Der Kanzel gegenüber befindet sich ein vierter Altar, dem h. Wendelin geweiht, mit einem Gemälde von F. Hoffer, 1742. Die prächtige Kanzel ist mit den vier Evangelisten und vielen reizenden Engelchen geziert; auf dem Schalldeckel erhebt sich Christus mit der Weltkugel. Im halbrunden Triumphbogen hängt ein schönes, fast lebensgroßes Krucifix, und an der Westwand der Kirche ist die Grabplatte eines Geistlichen eingelassen mit folgendem Vers:

Ein Frembtling war Ich 69 Jahr
Auff Erdt herumb gegangen,
Jetz lig im Grab, Bin todt und ab,
Wie bald ist Alß vergangen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Spaichingen. H. Lindemann, Stuttgart 1876, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OASpaichingen0374.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)