Seite:OATuebingen 037.png

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der andern Seite reich an Kalkerde ist, so nähert sich auch die Flora des in Rede stehenden Gebietes an einzelnen Stellen, jedoch lange nicht in so ausgesprochener Weise, wie dieses bei den oben besprochenen Stellen des Schönbuches stattfindet, der Flora des Sandbodens, während sie im allgemeinen reich an kalkholden Pflanzen ist. Das letztere geht jedoch nicht so weit, daß nicht noch immerhin die Grenze zwischen der Flora des Keupers und der des Kalkes scharf gezogen bliebe, wie dieses namentlich bei Rottenburg deutlich hervortritt, wo uns mit dem Betreten des Muschelkalkes in Thalictrum minus L., Pulsatilla vulgaris Mill., Helleborus foetidus L., Cotoneaster vulgaris Lindl., Libanotis montana All., Lithospermum officinale L., Globularia vulgaris L., Convallaria verticillata L. eine Reihe von Kalkpflanzen entgegentritt, welche dem Keuperboden von Tübingen abgehen.

Da das Neckarthal bei Tübingen in nahezu 1000′ Meereshöhe liegt, so fragt sich, ob sich dieser Umstand in der Flora geltend macht, wenn man dieselbe mit der Flora der höher und der niederer gelegenen Theile des Neckarthales vergleicht. Da jedoch das Vorkommen oder Fehlen einer Pflanze in einer bestimmten Gegend von dem Zusammentreffen einer Reihe sehr verschiedener Ursachen bedingt ist, so wird sich der Einfluß, welchen die im Ganzen doch unbedeutende Höhendifferenz der verschiedenen Theile des Neckarthales auf die Vegetation ausübt, im Einzelnen nur selten mit voller Bestimmtheit nachweisen lassen. Daß jedoch dieses Moment auch bei den geringen Höhenunterschieden der hier in Betracht kommenden Gegenden maßgebend sein kann, dafür liefert das bessere oder schlechtere Gedeihen des Weinstockes einen schlagenden Beweis. Die ganze hier in Betracht kommende Strecke des Oberamtes Tübingen fällt in das Gebiet des Weinbaus. Sie liegt jedoch der Grenze desselben nahe und sowohl die Qualität des hiesigen Weines, als der Umstand, daß von Jahr zu Jahr ein weiterer Theil der Weinberge ausgerodet und anderen Kulturen überwiesen wird, beweist auf eine unzweifelhafte Weise, daß der Weinstock die Wärmemenge, welche zu seiner normalen Ausbildung nöthig ist, und die er an zahlreichen Stellen des Unterlandes in hinreichendem Maaße genießt, in der hiesigen Gegend kaum mehr und eigentlich nur noch ausnahmsweise in einzelnen ungewöhnlich warmen Jahren findet, weßhalb er auch nicht im Stande ist, sich ohne künstliche Hülfe zu erhalten und nicht wie in wärmeren Gegenden Deutschlands in verwildertem Zustande vorkommt. Daß auch diese dem Weinstocke noch halb günstigen Verhältnisse bei höherem

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 037. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_037.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)