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später, – um Mitte Mai – geflügelt und die Gegend durch ihr Schrillen, welches von gebildeten Nichtzoologen nicht selten irrthümlich „als Gesang der Cicaden“ gedeutet wird, in angenehmer Weise belebend. – Auch das eigentliche Heimchen, Acheta domestica L. fehlt hier nicht, kann vielmehr aus einigen Häusern hiesiger Stadt das ganze Jahr, selbst mitten im Winter, beschafft werden. – Außer diesen Arten habe ich hier aber auch Acheta sylvestris Fabr. aufgefunden. Von dieser äußerst behenden, wie eine Heuschrecke hüpfenden Grylle leben die Männchen unter Steinen, die Weibchen aber schweifen frei herum, also ähnlich wie bei Acheta campestris.[1] – Von Laubheuschrecken (Locustina) sind wie überall verbreitet: Locusta viridissima L. und Decticus verruciovrus L., welche man jung und winzig klein schon im Anfang Mai beim Abkötschern von Grasplätzen, Rainen u. dgl. häufig erhält; in hiesiger Gegend hört man erst um Ende Juli die Männchen von Locusta abendlich zirpen. Gemein ist auch Thamnotrizon cinereus Zetterst.[2] (apterus aliorum). – Meconema varium Fabr. ist spärlich, hingegen trifft man im Spätsommer nicht selten die zierliche Phaneroptera falcata Scop., z. B. auf dem Hirschauer Berg, Gegend der Weilerburg. – Xiphidium fiscum Fabr. ist an den Gräben einer hiesigen Waldwiese mit quelligem Boden zahlreich.[3] Unter den Acridina (Feldheuschrecken) ist wie in Europa überall gemein: Tetrix subulata L. und T. bipunctata L., und schon im ersten Frühjahr an sonnigen Stellen, Wiesen, Feldrändern lebendig. – Gomphocerus lineatus, Panz., G. rufus L., Oedipoda coerulescens L., auch die Form mit mennigrothen Hinterflügeln (Oedipoda germanica Latr.), O. stridula L. sind alle häufig. Seltener, z. B. in den Waldungen des Schloßbergs


  1. Es scheint Acheta sylvestris auch in Deutschland sehr verbreitet zu sein. Ich sammelte sie bei Brückenau in der Rhön, Badenweiler im Schwarzwald, Guttenberger Wald bei Würzburg, Gmünd im Mainthal, Wald bei Burgbernheim in Franken.
  2. Den eigentlichen Thamnotrizon apterus Fbr. (non Charp.), schon durch sein Gezirpe wohl verschieden von obigem, fing ich in beiden Geschlechtern im Gebirge von Berchtesgaden.
  3. Bei dieser Gelegenheit sei aber ganz besonders auf eine Laubheuschrecke hingewiesen, die bis jetzt nur aus wenigen Gegenden des mittleren und südlichen Europa’s nachgewiesen wurde und zwar überall als „selten“. Es ist die im Leben außerordentlich zarte Odontura serricauda Fbr., wovon ich ein Pärchen auf einem Busch Feldahorn im Wald hinter Eningen, Urach zu, Ende August gefunden habe.
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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 056. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_056.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)