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Frühprediger und wechseln in den sonntäglichen Morgenpredigten mit einander ab. Die Stadtgeistlichen sind die Abendprediger, denen neben der ganzen Seelsorge die Mittagspredigten an Sonntagen, die Morgenpredigten an Feiertagen und Donnerstagen, die Kinderlehren und die Spendung der Sakramente obliegt. Ist der Frühprediger verhindert, hat der betreffende Abendprediger für ihn einzurücken, und an die Stelle des letzteren ein Repetent, denn die Repetenten des evang. Stifts sind als solche zugleich Stadtvikare. Der Stadtgeistlichen sind 3: der Stadtpfarrer, der zugleich Amtsdekan ist, und 2 Helfer. In der St. Jakobskirche ist der zweite Helfer Hauptprediger; an den Sonntagen, an welchen derselbe in der Stiftskirche zu predigen hat, treten für ihn in der Spitalkirche abwechselnd Stadtpfarrer und Oberhelfer ein.

Die früher an das sog. Gutleuthaus angebaute Kapelle ist abgebrochen; übrigens wird 4mal jährlich in einem Betsaal dieses Gutleuthauses gepredigt und das Abendmahl administrirt.

B. An der katholischen Kirche ist Stadtpfarrer seit dem Jahr 1817 der Direktor des höheren Convictes. Ihm sind zur Seite gegeben 7 Repetenten, welche neben ihren Funktionen an dem theologischen Institut zugleich die Pflicht haben, sich mit ihm in die Geschäfte der Seelsorge zu theilen.

Die hier angesessenen Juden wurden im Jahr 1459 ausgetrieben; nur ein einziges Ehepaar, Kaufmann Jud und Bel Jüdin durften unter der Bürgschaft Konrads von Fürst und der Brüder Albrecht und Vol von Wildenau noch länger bleiben (Crus. An. Suev. 2, 406). Seit der Errichtung der Universität durften sich keine Juden mehr hier aufhalten, wie sie denn überhaupt in Zeiten des Herzogthums Württemberg von diesem Lande ferngehalten wurden. Die von Tübingen vertriebenen fanden zunächst im ritterschaftlichen Wankheim Aufnahme; ihr Andenken erhält sich noch in der „Judengasse“, welche die Haag- und Ammergasse verbindet.

Von Schulanstalten befinden sich in Tübingen:

1. Ein Gymnasium, an dem ein Rector, 3 Hauptlehrer am oberen Gymnasium (2 Klassen), 6 Hauptlehrer am unteren Gymnasium (6 Klassen) und ein Vikar unterrichten.

Das Gymnasium wurde im Jahr 1860 als Landesgymnasium neu organisirt und zu demselben in diesem Jahr das ehemalige Kanzler Autenrieth’sche Haus von der Stadt erkauft und eingerichtet.

2. Eine Realschule mit einem Vorsteher, zugleich Hauptlehrer, und einem Hilfslehrer an der Ober-Realklasse, und 3 Hauptlehrern an den 3 Klassen der Realschule, ferner einem Zeichnungslehrer.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_256.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)