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seien, in ihren Verrichtungen nicht irren; sie sollten ihnen vielmehr freundlich entgegenkommen; Pabst Bonifacius VIII. aber ertheilte im nämlichen Jahr dem Kloster das Recht, jedem, der es wünschte, eine Grabstätte bei sich zu gestatten, mit alleiniger Ausnahme der Exkommunizirten; somit erhielten die Mönche noch reichere Gaben als zuvor. Im Jahr 1464 begann der Neubau des Klosters, stockte jedoch bald wieder wegen gehäufter Schulden. Hemmend wirkten auch die Streitigkeiten des Klosters mit dem Grafen Eberhard von Württemberg, welcher deßhalb 1478 bereits mit dem Pabst übereingekommen war, diese Augustiner auf dem Böselsberg bei Vaihingen a. d. E. unterzubringen und im Jahr 1480 daran dachte, sie nach Kloster Offenhausen zu versetzen, wogegen er gelehrte Predigermönche nach Tübingen verpflanzen wollte. Ihr Prior, Ulrich Pfäulin, welcher 1477 – einer der ersten – auf der Universität inscribirte, wußte den Unwillen des Grafen zu beschwichtigen, und hielt selbst um eine Reformation des Klosters an, worauf 1483 die regulirte Observanz darin eingeführt und deren Beobachtung streng befohlen wurde. So erlangten die Mönche die Gunst des Grafen wieder; von ihm und von verschiedenen Bürgern Tübingens unterstützt, vermochten sie den Neubau ihres „vor Alter dem Umsturz drohenden“ Klosters zu vollenden. In dem neuen, nach Abreißung des alten erbauten Gebäude sollte auch der theologische und juridische Hörsaal angebracht werden; aber nur der theologische kam hinein, wofür die Universität zum Bau 40 fl. beisteuerte. (Die weitere Baugeschichte s. oben S. 227.)

Auch Herzog Ulrich, in dessen erster Zeit Luthers treuer Freund, Joh. Staupiz, hier Prior war, hielt die regulirte Observanz im Kloster aufrecht. Als die Mönche mit dem Ordensprovinzial, der zu den nicht regulirten Augustinern gehörte, in Streit geriethen, weil sie ihm die Jurisdiktion über ihr Kloster und das Visitationsrecht absprachen, nahm Ulrich sich der Mönche an und brachte 1512 einen Vergleich zu Stande, nach welchem diese zwar dem Provinzial gehorsam zu sein versprachen, aber nur in so weit, als er nichts von ihnen fordere, was der regulirten Observanz zuwider sei. Während der österreichischen Regierung in Württemberg aber brachen Unordnungen im Kloster aus, der Gottesdienst wurde sehr vernachlässigt und der Stadtrath klagte bei der Regierung über den ärgerlichen Wandel der Mönche. Als jedoch 1532 der Abt von Hirschau den Plan hatte, die aus Schönrein vertriebenen Benediktiner nach Tübingen an die Stelle der Augustiner zu bringen, erklärte der Rath:

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_274.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)