Seite:OATuebingen 279.png

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Von der berühmtesten hiesigen Anstalt, der Universität, sind folgendes einige geschichtliche Hauptpunkte.[1] Als Graf Eberhard im Bart den Entschluß gefaßt hatte, eine Universität zu errichten, konnte er eigentlich nur zwischen den zwei bedeutendsten Städten seines Landestheiles wählen, Urach und Tübingen. Offenbar war letztere als die größere, am Zusammenstoß von drei Thälern günstig gelegene Stadt viel geeigneter, als das auf allen Seiten von hohen Bergen umschlossene, keiner weiteren Ausdehnung fähige Urach. Nachdem die nöthigen Vorbereitungen gemacht, namentlich die Genehmigung des Pabstes eingeholt und durch Sixtus IV. in einer päbstlichen Bulle vom 13. Novbr. 1476 gewährt worden war, erfolgte die Stiftung der Universität als einer universitas studii generalis kraft einer Urkunde vom 3. Juli 1477; am 14. September schrieben sich der Probst von Sindelfingen, Johann Degen, als erster Kanzler der Universität, dessen Amt durch den Pabst alle Rechte des Archidiakonus auf der Universität Bologna erhielt, und der Leibarzt des Grafen Eberhard, Lucas Spechzart, mit einigen Räthen und Hofleuten des Grafen in die Matrikel ein, am 1. Oktober wurden die Vorlesungen eröffnet und am 9. die erste Senatssitzung gehalten, der landesherrliche Freiheitsbrief übergeben und die ersten Statuten vorgelegt. Für die Einrichtungen diente im allgemeinen zum Muster die Universität zu Paris. Der Freiheitsbrief erklärte die Universität für eine bevorrechtete Korporation. Ihre Mitglieder sollten unter dem besonderen Schutze des Landesherrn stehen, und die Vergewaltigung derselben mit 100 fl. Strafgeld geahndet werden. Die kaiserliche Bestätigung des Freiheitsbriefes und der Stiftung erfolgte erst am 20. Febr. 1484 durch eine Urkunde Kaiser Friedrichs III., welche der Universität die Befugniß gab, alle Reichsgesetze zu lehren und die Grade in der Wissenschaft zu verleihen. Die finanzielle Ausstattung der Universität war schon durch die päbstliche Bulle vom 13. Nov. 1476 besorgt, welche das St. Martinsstift zu Sindelfingen mit seinem Probst und mit acht Chorherrenstellen nach Tübingen verlegte und auf die St. Georgenkirche übertrug, auch die Einkünfte der Pfarreien Brackenheim, Stetten am Heuchelberg, Asch, Ringingen und Ehningen unter Achalm der Universität verlieh, mit der Verpflichtung, diese Pfarreien durch Vikare versehen zu lassen. Alle diese Einkünfte betrugen keine sehr hohe Summe, die sich aber jetzt nicht mehr genau ermitteln läßt. Die Besoldungen der Professoren waren aber auch nicht glänzend. Sie hatten freie Wohnung im Kollegienhause und durften nicht heirathen. Die Neubesetzung erledigter Lehrstühle


  1. Von hier an bis Seite 311 von Universitätsbibliothekar Dr. Klüpfel.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Tübingen. H. Lindemann, Stuttgart 1867, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OATuebingen_279.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)