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Die im Jahr 1595 erbaute ehemalige herrschaftliche Zehentscheuer ist im Jahr 1851 in Privathände übergegangen.

Ein dreiröhriger Brunnen, dessen Quelle in dem Kreuzbach-Thale gefaßt, 1/2 Stunde weit hergeleitet wird, versieht den Ort das ganze Jahr hindurch mit vortrefflichem Trinkwasser; auch das Wasser des meist durch Brunnquellen gespeisten Kreuzbaches ist klar und wird nicht nur von dem Vieh gern getrunken, sondern beherbergt auch Forellen. Das Fischrecht in dem Kreuzbach hat von der Brücke oberhalb des Orts bis zur Brücke unterhalb desselben die Gemeinde, im Übrigen zur Markung gehörigen Theile aber der Staat, welcher es verpachtet. Von Quellen außerhalb des Orts sind noch zu nennen: der Brunnen in dem sog. Hasenlauf und der Frauenbrunnen.

Die Einwohner, deren Haupterwerbsquellen in Ackerbau, Viehzucht und etwas Weinbau bestehen, sind gesunde, wohlgebaute Leute, die zuweilen ein sehr hohes Alter erreichen und von epidemischen Krankheiten seit Menschengedenken nicht heimgesucht worden sind. Ihre öconomischen Verhältnisse gehören zu den ziemlich guten, indem neben einzelnen Wohlhabenden der Mittelstand vorherrscht; die Unbemittelten suchen sich durch Taglohnen und durch Arbeiten in der Cichorienfabrik zu Vaihingen ihr Auskommen zu sichern. Die Wohlhabensten besitzen bis zu 50 Morgen, die Mittelbegüterten 15–18 Morgen, und die Ärmeren 2–3 Morgen Feldgüter, die jedoch bei Wenigen ganz schuldenfrei sind. Das Grundeigenthum ist so zerstückelt, daß die Mehrzahl der Parzellen nur 1/41/2 Morgen beträgt. Was die moralischen Eigenschaften der Einwohner betrifft, so sind dieselben im Allgemeinen gutartig, geordnet, fleißig, und haben ziemlich viel Sinn für Religion, der sich bei Einzelnen bis zum strengen Pietismus steigert. Von Gewerben sind zwei Schildwirthschaften und eine im Ort befindliche Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang zu nennen.

Die nicht große, mit ganz geringer Ausnahme für den Feldbau benützte Markung ist, außer den steilen Abhängen des quer durch die Markung ziehenden Kreuzbach-Thales, beinahe eben und hat im Allgemeinen einen fruchtbaren, aus leichtem Diluviallehm bestehenden Boden; an den Gehängen, von denen die südlich geneigten für den Weinbau benützt werden, ist der Boden, in Folge des hier anstehenden Muschelkalkes, sehr kalkhaltig.

Die klimatischen Verhältnisse sind günstig, obwohl zuweilen in dem engen, gegen Osten ziehenden Thale die Reben, wie die Obstsorten, durch Frühlingsfröste etwas leiden. Hagelschlag kommt selten vor.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0109.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)