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stehende Holzschöpfe und die hohe Kirchhofmauer abgebrochen, so daß nun die Kirche frei und etwas erhöht an der Hauptstraße steht.

Die Pfarrkirche zum heil. Martin wurde im Jahr 1643 von den Franzosen beinahe ganz abgebrannt und im Jahr 1670 wieder neu, aber styllos aufgebaut, nachdem zu deren Erbauung 309 fl. 51 kr. eingesammelt worden waren. Der Chor, welcher noch von der früheren Kirche übrig geblieben zu sein scheint, schließt mit einem halben Achteck und trägt noch mit seinen Strebepfeilern und seinen spitzbogigen, gefüllten Fenstern das Gepräge des spät germanischen Baustils. Das weißgetünchte Innere hat nichts Ansprechendes, und wurde in den Jahren 1834/35, um mehr Raum zu erhalten, verändert, namentlich ward der Triumphbogen, der von dem Langhause zu dem mit einem Netzgewölbe versehenen Chor führte, weiter ausgebrochen und die an demselben angebrachte Kanzel abgenommen, die neue Kanzel dagegen auf eine Säule frei in den Chor gestellt, was gerade nicht sehr kirchlich aussieht. Der an der Westseite stehende, 84’ hohe, viereckige Thurm, ist noch alt und trägt ein einfaches Zeltdach. Von dem Thurme genießt man eine sehr schöne und ausgebreitete Aussicht nicht nur über das Flachland, aus dem sich der Asberg erhebt, sondern auch in das Enz-Thal und an den Stromberg. Von den drei Glocken ist die größte 1782 und die mittlere 1650 gegossen worden; die kleinste ist sehr alt und trägt weder Schrift noch Zeichen. Die Baulast der Kirche hat die Stiftungspflege.

Die schon gedachte, am südlichen Ende des Orts hochgelegene Kirche zum heil. Kreuz ziert ein im rein germanischen Styl gehaltener Chor, der mit einem halben Achteck schließt und über den First des styllos veränderten Langhauses emporragt; der nicht hohe Thurm ist in seinem unteren Theile viereckig und geht gegen oben in ein Achteck über, das ein schlankes Zeltdach deckt. Das Innere des Langhauses hat außer einem Wandgemälde und zwei zu beiden Seiten des Triumphbogens angebrachten Baldachinen nichts Bemerkenswerthes; dagegen enthält der mit einem schönen Netzgewölbe gedeckte Chor einen seltenen Reichthum von Decke und Wandmalereien etwa aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, von denen sich an dem Gewölbe das Schweißtuch mit einem ausdrucksvollen Christuskopf, die vier Evangelisten, die Kreuzerhöhung etc. besonders auszeichnen; über dem Chorbogen ist das jüngste Gericht, und an der südlichen Wand die Lebensgeschichte Jesu in 26 Feldern gemalt. Diese der Erhaltung würdigen Reste älterer Kunst gehen ihrem Untergange täglich mehr entgegen, wenn dem bereits eingetretenen Verfall der Kirche nicht vorgebeugt wird. Unter dem

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0201.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)