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Die Einwohner sind regsame, muntere Leute, körperlich wohlgestaltet und gesund. Mit Arbeitsamkeit verbinden sie Ordnungsliebe und kirchlichen Sinn. Ihre Erwerbsquellen bestehen in Ackerbau, Viehzucht, Obst- und Weinbau, mehrere suchen ihr Auskommen durch Taglohnarbeiten zu sichern. Indessen gehören ihre ökonomischen Verhältnisse zu den geringeren; Wohlhabende sind Wenige vorhanden. Die Zahl der Minderbemittelten ist vorherrschend, und das Grundeigenthum noch ziemlich gleich vertheilt. Der größte Güterbesitz beträgt 50 Morgen, der gewöhnliche 9–10 Morgen, während die Stücke meist 1/41/2 Morgen groß sind. Die Gutsherrschaft besitzt etwa 180 Morgen zerstreut liegende Güter, welche an Ortsbürger verpachtet sind.

Die nicht ausgedehnte Markung gehört wegen des sie der Länge nach durchziehenden Strudelbach-Thales zu den ziemlich unebenen, und hat im Allgemeinen einen mittelfruchtbaren Boden, der wegen anstehender Lettenkohlenmergeln häufig naßkalt, und an mehreren Stellen in Folge des Lettenkohlensandsteins mager und hitzig erscheint; an den Gehängen kommen kalkhaltige und in der Thalebene fruchtbare Alluvialböden vor. Das Klima ist mild und gesund, nur zuweilen schaden Frühlingsfröste und kalte Nebel dem Obst, das übrigens im Allgemeinen gerne gedeiht; Hagelschlag kommt selten vor.

Die Landwirthschaft wird mit Anwendung verbesserter Ackergeräthschaften, so gut als es die Verhältnisse erlauben, betrieben; der Bodenverbesserung steht hauptsächlich der Mangel an Dünger entgegen, welchem durch Zugabe von Waldstreu nicht abgeholfen werden kann, da die Gemeinde nur 36 Morgen Buschwaldungen besitzt. Aus diesen Waldungen bezieht als Gabe jeder Bürger alle sechs Jahre nicht weiter als 6–10 Stück Wellen, daher die Einwohner ihren Holzbedarf auswärts beziehen müssen, was sehr empfindlich auf ihre ohnehin geschwächten ökonomischen Verhältnisse einwirkt. Der Erlös aus dem Eichenoberholz, welches auf dem Stock verkauft wird, fließt in die Gemeindekasse. Von Getreide baut man hauptsächlich Dinkel, Hafer, Gerste, etwas Einkorn und nur wenig Roggen; hiebei wird der durchschnittliche Ertrag eines Morgens zu 6 Scheffel Dinkel, 4 Scheffel Hafer, 3 Scheffel Gerste, 4 Scheffel Einkorn und 2 Scheffel Roggen angegeben. In der zur Hälfte angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Ackerbohnen, Angersen und etwas Hanf. Die höchsten Preise eines Morgens Acker betragen 300 fl., die mittleren 150 fl., und die geringsten 40–50 fl. Von den Erzeugnissen des Feldes kann über den eigenen Bedarf nur wenig Dinkel und Hafer nach Außen

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Vaihingen. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAVaihingen0216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)